Wen Gott verderben will (Person, Staat, Union von Staaten, Imperium), den bringt er um den Verstand. Das Zauberwort heißt „Schuldenerlass“, um den Selbstmord des neuen westlichen Imperiums zu verhindern
Die haupt- und totgefährliche Krankheit des neuen westlichen Imperiums (USA, E.U., KANADA und AUSTRALIEN) ist der neoliberale Finanzkapitalismus. Seine Wurzeln liegen im Herzen des Weströmischen Reiches selbst und lehnen die «zirkuläre Zeit», die eine wirtschaftliche Erneuerung durch Schuldenerlässe erlaubt, zugunsten einer «linearen Zeit» ab, in der die Schulden dauerhaft und irreversibel sind, ohne öffentliche Aufsicht, um Finanzen und Kredite im allgemeinen langfristigen Interesse der Wirtschaft zu verwalten.
Seit der schwerwiegenden Finanzkrise im Jahre 2007 haben viele Gipfeltreffen, wie Weltfinanzgipfel, UN-Vollversammlungen, Welthandelskonferenz, Weltklimakonferenz, oder Weltwirtschaftsforum stattgefunden und bisher die Unfähigkeit demonstriert, eine gemeinsame Weltsicht herzustellen. Diesen Gipfelkonferenzen dienten scheinheilige Ablenkungsstrategien, die ausschließlich der Stärkung der Interessen des neuen westlichen Imperiums durch Umwandlung der Weltkonzerne zu eigenen fast staatlichen Einheiten, dienten. Der Unterschied ist nur, dass diese neue staatliche Einheiten keinerlei Verantwortung in der Gesellschaftsfürsorge übernehmen und somit den Eigennutz zum alleinigen Prinzip des Handels erhoben haben.
Die Coronaviruspandemie katalysiert und beschleunigt die totale Machtübernahme von dem Finanzsektor mit den neuen staatlichen Einheiten, nicht zuletzt dadurch, dass diese Pandemie fast alle öffentlichen Haushalte in eine Wirtschaftskrise und manche davon in Selbstmordmodus stürzten. Dadurch werden alle Gegner des Finanzsektors besiegt d.h. auch die Regierungen, die stark genug wären, diesen Sektor zu regulieren. Die aus der weit verbreiteten Arbeitslosigkeit, Unternehmensschließungen, Miet- und Steuerrückständen, resultierende Verknappung der Steuereinnahmen, wird als Mittel zur Demontage und Privatisierung der Regierungen auf allen Ebenen und auf Kosten der Bürger insgesamt, aufgegriffen.
In dem neuen westlichen Imperium sind bereits die Fakten der Aristotelischen Logik durch die Pseudofakten der Logik von Christian Morgenstern irrelevant geworden und niemand kümmert sich für diese Umwandlung. In einem seiner überaus tiefsinnigen Gedichte hat genau Christian Morgenstern und kein anderer nämlich das angekündigte zweite Universalprinzip moderner Geschichtsforschung in einer dieses Grundsatzes würdigen poetischen Weise erstmals so formuliert:
«Und also schließt er messerscharf, / dass nicht sein kann, was nicht sein darf».
Dieser Mann vollbrachte eine geistesgeschichtliche Tat, die absolut einzig dasteht: er hat nämlich mit einem Schlag der Welt eine völlig neue Logik zu Verfügung gestellt, die dazu berufen war die Aristotelische Logik ein für allemal abzulösen.
Was sein darf, kann auch sein und ist demzufolge, was jedoch nicht sein darf, kann eben auch nicht sein und ist eben deshalb auch nicht!
Nichts wäre verderblicher als jener Zustand der Gesellschaft des neuen westlichen Imperiums, das auch beschämend die E.U. beinhaltet, in dem sich tatsächlich jedermann «ohne Leitung eines anderen» seines meist kümmerlichen Verstandes bedienen wollte!
Die Bürger des neuen westlichen Imperiums also sind von der Sklaverei des selbständigen Denkens befreit worden. Begriffe wie «Beleg» und «Beweis» sind abgeschafft bzw. durch Variationen des Τhemas «höchstwahrscheinlich» ersetzt worden. Der gesamte Korpus des Völkerrechts ist ebenfalls über Bord geworfen und durch eine «regelbasierte internationale Ordnung», die so genannte «Neue Weltordnung» ersetzt worden.
Das «eherne Gesetz» der Demokratie ist auch reformiert. Das schöne an das reformierte System, das entwickelt wurde – d.h. Wahlen durch das Volk, Demokratie oder Republik oder was auch immer -, ist, dass es so leicht kontrolliert werden kann. Die Herrscher hinter den Kulissen wählen nicht bloß alle Kandidaten selber aus, sonder auch deren Politik.
Bei alledem sollte man jedoch nicht so sehr Verachtung als vielmehr Mitleid für die E.U. und für die «demokratisch gewählten» Politiker in den Länder des neuen westlichen Imperiums empfinden. Man sieht heute auch, welche Folgen es haben, wenn die Gesellschaften des neuen westlichen Imperiums durch ihre gläubigerorientierte Rechtsphilosophie in eine Schuldenecke gedrängt werden. Die neoliberale regierungsfeindliche und antidemokratische Ideologie hat die soziale Planungen und Staatsmächte in «Finanzmärkte» konzentriert.
Die uralte Konfrontation zwischen Gläubiger/Vermieter und Schuldner/Mieter steht im Mittelpunkt der heutigen Coronaviruspandemie, da große und kleine Unternehmen, landwirtschaftliche Betriebe, Hotels, Restaurants und andere Geschäfte in großen Zahlungsschwierigkeiten geraten, zusammen mit ihren Angestellten, die keine Einkünfte mehr haben.
Die neoliberale scheinheilige regierungsfeindliche und antidemokratische Ideologie in den Ländern des neuen westlichen Imperiums, die noch immer durch das Erbe des weströmischen Reiches geprägt ist, zielt gierig auf die Übernahme staatlicher Infrastruktur und die Aneignung von Land und Ressourcen, statt Staatsschulden und Mietkosten zu streichen um Unternehmensschließungen und den daraus resultierenden Zahlungsrückständen zu bekämpfen.
Dieses neues westliche Imperium, unterscheidet sich von seinen althellenischen Vorgängern, wirtschaftliche Störungen autoritär über die Marktkräfte zu begegnen, um das wirtschaftliche Gleichgewicht von oben wieder herzustellen. So etwas könnte durchgeführt werden wenn alle Zentralbanken zu 100 % nationalisiert werden. Denn bisher (seit 1913) schöpfen diese Geld aus dem Nichts, um den Finanzsektor und seine Aktien- und Anleihenmärkte anzuheizen, und nicht, um die Zahlungsfähigkeit, die Beschäftigung und den Lebensstandard der Volkswirtschaften zu erhöhen.
Wenn persönliche Schulden, Mieten und Steuern, die nicht bezahlt werden können, nicht gestrichen werden, wird das Ergebnis ein weit verbreiteter Bankrott, Verarmung und Obdachlosigkeit sein. Ohne die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Normalität können nicht Schulden, Mieten, Steuern und andere Belastungen des Lebens und der Geschäftstätigkeit wieder aufgenommen werden.
Diese Wiederherstellung ist aber mit dem Schuldenerlass eng verknüpft. Ohne eines Schuldenerlasses infolge der von der Coronaviruspandemie verursachten wirtschaftlichen Störungen, unterwirft sich jede Wirtschaft selbst Depressionen, Obdachlosigkeit und wirtschaftlicher Polarisierung. Denn fast alle Volkswirtschaften sind an einem Punkt angelangt, an dem Schulden nur noch durch einen Rückgang der Produktion und des Konsums beglichen werden können, so dass sie heute noch knapp dran sind, wie Hellas seit 2015.
Seit der Zeit des Weströmischen Reiches ist es in Westeuropa und später in den USA normal geworden, dass Gläubiger soziales Unglück als Gelegenheit verbrecherisch nutzen, um Eigentum und Einkommen auf Kosten der verschuldeten Länder und Familien zu erlangen. Die durch die Schulden entstehenden Frontlinien zwischen Staat und Bevölkerung, zwischen Individuum und Herrschaft, zwischen Bürger und Terror, zwischen Mensch und Natur, zwischen Finanz- und Gütermärkte und zwischen Bewusstsein und Realität nehmen gefährliche Ausmaße an. Denn Hypothekenschulden sind der Preis für den Erwerb eines Eigenheims, Studentenschulden sind der Preis dafür, eine Ausbildung zu erhalten, um einen Job zu bekommen, Autoschulden sind nötig, um ein Auto zu kaufen, mit dem man zur Arbeit fahren kann, und Kreditkartenschulden müssen aufgetrieben werden, um die Lebenserhaltungskosten zu bezahlen, die über das hinausgehen, was man verdienen kann.
Diese tiefe Verschuldung der breiten Bevölkerungsschichten macht den Arbeiternehmern Angst, die Fähigkeit zu verlieren, Schulden und Mieten zu bezahlen und kommt zwar dem Geschäfts- und Finanzsektor zugute, indem sie das Lohnniveau senkt und gleichzeitig mehr Zinsen, Finanzgebühren, Miete und Versicherungen aus dem Lohn für den Lebensunterhalt herauszieht, gleichzeitig aber setzt die Keime für unausweichliche blutige Auseinandersetzungen.
Dazu kommt, dass die Gläubigerinteressen die Entstehung demokratischer staatsbürgerlicher Regime, die die Schuldner schützen können, blockiert haben und Gesetze gefördert, die Schuldner dazu zwingen, ihr Land oder andere Mittel zum Lebensunterhalt durch Zwangsvollstreckung von Gläubiger zu verlieren oder es unter Notstandsbedingungen zu verkaufen und ihre Schulden abzuarbeiten.
Das ungleiche Verhältnis zwischen Arm und Reich bei den Menschen ist ein fester Bestandteil der Weltgeschichte. Durch alle Jahrhunderte hat es ein riesiges Gefälle zwischen Herrschern, feudalen Gruppen, Eliten und dem Gros der Unterschichten und Bevölkerungen gegeben. Aber erst in dem Zeitraum nach 1800 n. Chr. hat sich eine dramatische Vermögensdifferenz zwischen verschiedenen Nationen und Kontinenten aufgebaut, die heute schlicht unfassbare Dimensionen erreicht.
Es wird von der Bevölkerung dieser Welt nicht ewig hingenommen werden dass 1 % der Weltbevölkerung das gleiche an Vermögen wie die übrigen 99 % besitzt. Nur ein Viertel der 7,4 Weltbevölkerung Milliarden Menschen verfügt heute über mehr als 60 US-$ am Tag und sich die Hälfte der Weltbevölkerung muss mit kaum mehr als 2,50 US-$ am Tag begnügen. Hierunter fallen auch die 1,0 Milliarde Menschen, die mit weniger als 1 US-$ am Tag dahinvegetieren müssen. Diese verzweifelten Menschen leben in extremer Armut und sind Hunger, Elend und Leid ausgesetzt. Etwa 20 Millionen Hunger Tote Menschen im Jahr dokumentieren diese vollkommene Ausweglosigkeit.
Ein weitere Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser oder ausreichender Nahrung. Die entscheidende Frage hier lautet: Lässt sich die Form einfacher Vernunft auch auf die globale Ebene übertragen? Angesichts der weltumspannender Krise durch die Coronaviruspandemie, die lediglich als Katalysator für die Beendigung des wirtschaftlichen Nachkriegsbooms wirkt, ist vielen Menschen bewusst geworden, wie wenig man in der Lage ist, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Notwendig wird eine zweite, auch globale Perspektive der Vernunft, um auf die Ebene einer kooperativen Kultur zwischen den Menschen zu gelangen. Nur sie wird diesen befähigt, aus dem Hamsterrad der mörderischen Untergangslogik von Christian Morgenstern herauskommen zu können, weil dieser nicht auf dem gesunden Menschenverstand basiert, um wieder zu Aristotelische Logik zu gelangen. Der Begriff des gesunden Menschenverstands (sensus communis, common sense, bons sens) wird seit der hellenischen Antike kontrovers diskutiert.
Dieser Terminus bildet die Grundlage des Gedankenkomplexes und ist eine Übersetzung des von Aristoteles geschaffenen Wortes «κοινη θεση = αλληλεγγυη», das knapp als «Gemeinsinn» übertragen werden kann. Fast alle großen Denker haben das Thema gestreift, aber auf eine praxistaugliche Beschreibung hat man sich nicht einigen können. Einstein verlachte es, Marx verhöhnte es als bürgerliche Borniertheit, und Nietzsche verachtete es als ordinären Allerweltsglauben. Es gab aber auch andere Stimmen: Cicero zählte es zur Grundausstattung des Menschen. Kant sah es als «Probierstein der Orientierung», und Hannah Arendt als «Wirklichkeitssinn». Aristoteles hat also die Initialzündung gegeben, indem er neben den fünf bekannten Sinnen einen sechsten Sinn eingeführt hat, den gemeinsamen.
Ein Pantheon von Geistesgrößen, Platon, Cicero, Thomas von Aquin, Leonardo da Vinci, Rene Descartes u.a. hat sich mit diesem Thema auseinandergesetzt. Warum weigert man sich heute gemeinsame Fragen zu stellen die mit der praktischen Vernunft zu beantwortet sind, um die erwartende Sinnflut des 21. Jahrhunderts kollektiv zu kanalisieren? Ein gesunder Menschenverstand ist das geeignete Werkzeug, um Dummheit und grassierenden Scheinheiligkeit (Merkmale des heutigen westlichen Imperiums!) auf die Schliche zu kommen.
Die Scheinheiligkeit im heutigen westlichen Imperium trübt den Blick auf viele kriegsähnliche Zustände und vernebelt den Zugang zu einem gesunden Menschenverstand. Deshalb muss das Wort Fortschritt im neuen westlichen Imperium durch das Wort Blindflug ersetzt werden. Bei diesem Blindflug arrangieren sich einige wohlhabende Staaten mit den paradoxen Folgen der Scheinheiligkeit. Einerseits können sie sich mit billigen Rohstoffen und Zugangsrechten eindecken, andererseits müssen sie sich mit Tyrannen und Wahnsinnigen wie z.B. Erdogan ins Bett legen.
Diese Partnerschaft zwischen Gier und Doppelmoral ist ein brüchiges Gebilde, das immer wieder durch unvorhersehbare Sachzwänge auseinander bricht. Deshalb liegt eine eventuelle Beseitigung der Armut völlig außer Reichweite. Nicht, dass keine Bereitschaft da wäre, aber die herrschende Wirtschaftslogik des neuen westlichen Imperiums lässt kaum andere Lösungen zu und erzeugt systematisch die Armut.
Die Bewohner dieses Imperiums mogeln sich mit leichtfertiger Gleichgültigkeit und verhängnisvoller Ignoranz aus der Affäre. Sie nehme die Vorteile dieser Weltordnung sehr gerne in Anspruch, aber über die dramatischen Folgen setzen sie sich scheinheilig hinweg. Es handelt es sich aber hierbei mit einer einzigartigen Menschenrechtsverletzung zu tun, ja um einem Dritten Weltkrieg, angesichts der gewaltigen Zahl von Armutsopfern.
Mit Recht also, «QUOS DEUS VULT PERTERE PREUS DEMENTAT», damit er (Person, Staat, Union von Staaten, Imperium) anschließend Selbstmord begeht. Die Menschheit braucht eine globale Architektur des gemeinsamen Aufbaus, sonst beenden auch alle reichen Menschen ihren Höheflug des Eigensinns wie Ikarus.
Dr.-Ing. Georg Chaziteodorou
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01.10.2020