Katalonien z. B. und die Krux mit dem Selbstbestimmungsrecht

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Was liegt den Unabhängigkeitsbestrebungen in Regionen wie z.B. Katalonien zugrunde? Was hat es mit dem „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ eigentlich auf sich, auf das man sich dabei beruft?

Der Unabhängigkeitsversuch Kataloniens, der Spanien in Atem hält, ist kein singuläres Ereignis. „Was dort in Spanien geschieht, hat das Potenzial, ganz Europa nachhaltig zu erschüttern“, schreibt Günther Lachmann auf „Geolitico“, „allerorten streben Regionen nach Autonomie.“ Nicht nur schwele der nach wie vor ungelöste Unabhängigkeitskonflikt in Südtirol, „in Italien rufen die Lombardei und Venetien nach mehr Autonomie, viele Schotten wollen raus aus Großbritannien. Bald werden vielleicht die Korsen ins gleiche Horn stoßen.“ 1 Und der jahrzehntelange gewaltdurchsetzte Baskenkonflikt, muss man hinzufügen, ist nur mühsam befriedet worden.

Und G. Lachmann beklagt zu Recht, dass die Berichte der Medien an der Oberfläche bleiben; die Frage nach den Ursachen, die in den spezifischen kulturellen Werten und Traditionen dieser Volksgruppen liegen könnten, in denen die Menschen gegenüber der zunehmenden Globalisierung ihre Wurzeln und ihre Identität suchen, werde kaum gestellt. Wie bei der Weltfinanzkrise 2007 und der Euro-Krise 2010 blieben „die im tiefen Innern brodelnden Kräfte“ ausgeblendet. –
Doch es fragt sich, ob diese im tiefen Innern brodelnden Kräfte, die in diesen Bestrebungen nach Selbständigkeit eruptiv hervorbrechen, nicht primär in den regionalen Gemeinschaften, sondern unabhängig davon noch tiefer im einzelnen Menschen selbst liegen.

Die europäische Entwicklung zur Freiheit

Der europäischen Geschichte liegt seit dem Griechentum das unbewusste und immer bewusster werdende Streben der Menschen zur freien, sich selbst erkennenden und sich selbst bestimmenden Individualität zugrunde. Es ist letztlich dieser Impuls, der als gegen alle Widerstände gärende Kraft die ganze geistige und gesellschaftliche Entwicklung der europäischen Völker in der neueren Zeit verändernd bestimmt und vorangetrieben hat. Er bedeutet, dass heute der einzelne Mensch nicht mehr wie früher für die Gemeinschaft da ist, die über ihm steht, sondern die Gemeinschaft für den Einzelnen da sein muss, also dafür, die Entwicklung des Einzelnen zu Freiheit und Selbstbestimmung zu fördern.

Dies ist in den westlichen Demokratien erst teilweise erreicht. In der Französischen Revolution wurde die absolutistische Macht vom Thron gestoßen, aber Freiheit nur als Freiheit vom Joch der Königs- und Adelsherrschaft verstanden. An deren Stelle trat die „Herrschaft des Volkes“ bzw. die Herrschaft einer gewählten Gruppe von Volksvertretern, einer Oligarchie. Damit ist die Befreiung des Menschen auf halbem Wege stecken geblieben, bis heute. Denn es geht darum, die Herrschaft eines oder mehrerer Einzelner in eine Herrschaft aller Einzelnen umzuwandeln, d. h. durch das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Bürgers den obrigkeitsstaatlichen Fremdbestimmungsanspruch überhaupt abzulösen.

In den alten theokratischen Hochkulturen war es die dem Einzelnen übergeordnete Gemeinschaft, die ihn unter der Führung des Herrschers geistig leitete, umfassend wirtschaftlich versorgte und staatlich schützte. Dies wird auch im heutigen demokratischen Einheitsstaat noch immer weitgehend in bürokratisch perfektionierter Form fortgeführt. Erstarrte Denkstrukturen realisieren nicht, dass es nicht mehr Anliegen des Staates sein kann, über seine Sicherheits-Aufgaben hinaus zentral die wirtschaftliche Versorgung und die geistig-kulturelle Entwicklung der Menschen irgendwie inhaltlich zu lenken oder zu bestimmen. Denn unter der Führung der jetzt „demokratisch“ Herrschenden wird dadurch „von oben“ die Freiheit und Selbstbestimmung der einzelnen Menschen gerade ausgeschaltet. Ein „Oben“ darf es in der Gleichheit der Freien überhaupt nicht mehr geben. Es bringt immer ein „Unten“ mit sich, das untergeben, untertan ist und Freiheit wie Gleichheit aufhebt.

Die zentrale Lenkung

Spanien ist eine zentral regierte parlamentarische Monarchie, die sich in 17 Autonome Gemeinschaften oder Regionen gliedert. Diese haben zwar keine Eigenstaatlichkeit wie die Länder eines Bundesstaates, verfügen aber dennoch über einen Kompetenzumfang, der etwa dem der deutschen Länder vergleichbar ist. Katalonien gehört neben dem Baskenland, Galicien und Navarra zu den eigenwilligsten Regionen, was darin zum Ausdruck kommt, dass sie als „historische“ Autonome Gemeinschaften durch ein besonders hohes Maß an eigenen Befugnissen in Gesetzgebung und Verwaltung hervorragen. „Unter anderem verfügt Katalonien über eine eigene Polizeieinheit, die Mossos d’Esquadra, die nach und nach die Aufgaben der spanischen Polizei auf katalanischem Gebiet übernimmt. Auch in zahlreichen anderen Politikfeldern, so etwa der Bildungs-, der Gesundheits- und der Wirtschaftspolitik, verfügt Katalonien über weitreichende Kompetenzen.“ (Wikipedia)

Die eigene Sprache und die Besonderheiten der eigenen Kultur sind also, nach langen Kämpfen, respektiert und insbesondere mit dem Bildungswesen in eigener Hand. Das Unabhängigkeitsstreben der Katalanen kann daher nicht darin seine Ursache haben, dass die eigene Kultur unterdrückt wäre und befreit werden müsste, um darin ihre Identität zu finden oder zu bewahren. Trotzdem sind sie gegen jede zentrale Reglementierung aus Madrid überaus empfindlich.

Katalonien ist die wirtschaftsstärkste Autonome Gemeinschaft Spaniens. Es zählt (wie auch das Baskenland) zu den am frühesten und intensivsten industrialisierten Regionen Spaniens. Entsprechend hoch sind seine innerstaatlichen Transferleistungen nach Madrid. Viele Katalanen sehen darin den „Grund für die hohe Verschuldung der wirtschaftsstarken Region. Dieser Nettotransfer betrage jährlich bis zu 16 Milliarden Euro, das sind acht Prozent des katalanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dieser Anteil sei etwa zehnmal so hoch wie der, den die Hauptzahler im deutschen Länderfinanzausgleich abführen“ (Wikipedia).

An der hohen Verschuldung, die insbesondere mit dem Platzen der irrsinnigen Immobilienblase zusammenhängt, hat auch Katalonien selbst seinen Anteil. Und außerdem werden diese Zahlen „von anderer Seite in Zweifel gezogen, so sei der Nettobeitrag Kataloniens überschätzt worden, bzw. sei kleiner als der Beitrag der Region Madrid und habe 2015 bei nur 3,2 Milliarden gelegen.“ Stein des Anstoßes sind also überhaupt die Gesetze der Zentralmacht, durch die die Früchte des eigenen Fleißes für andere abgeschöpft werden..

Es sind Unwille und Empörung des Menschen gegen jede Reglementierung von außen, die in den Katalanen aufgrund ihrer historisch umkämpften Eigenheit besonders ausgeprägt sind. Die Lösung sehen sie nur in der Befreiung von Madrid, bemerken aber (noch) nicht, dass die gesetzliche Reglementierung des Menschen von außen in der kleineren Einheit Katalonien ebenso stattfindet, nur dass sie an den Entscheidungsträgern näher dran sind. Aber eine Fremdbestimmung des Menschen herrscht in jedem parlamentarischen System, insofern es historisch unreflektiert eine obrigkeitsstaatliche Regelungskompetenz aller Lebensgebiete, also auch die der Kultur, der Bildung und des Wirtschaftslebens behauptet.

Die Wirkungen des Selbstbestimmungsrechts der Völker

Viele Katalanen beanspruchen, eine eigene Nation zu sein und berufen sich auf das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“, das allgemein als geltende Norm des Völkerrechts anerkannt ist. Danach kann ein Volk frei über seinen politischen Status, seine Staats- und Regierungsform und seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung entscheiden. Das klingt eingängig freiheitlich. Es ist ein „Kollektivrecht“, mit dem das Selbstbestimmungsrecht, das sonst dem Einzelnen zusteht, auf eine Menschengruppe übertragen wird, hier jedoch nicht mehr ein Recht einzelner Bürger, sondern das der Gesamtheit als einer überpersönlichen Gemeinschaft sein soll. Aber jemand muss es bestimmen, diejenigen, die das Ganze zu repräsentieren beanspruchen. Damit wird das Selbstbestimmungsrecht zur Verlockung für Usurpatoren, die es nach zwei Richtungen instrumentalisieren: Entweder unterdrücken Mehrheiten, die sich für das Volk erklären, die Rechte von Minderheiten oder vertreiben sie; oder Minderheiten schließen sich ab und sprengen die bisherige Gemeinsamkeit, die das nicht hinnehmen will.

Es ist nicht definiert, was ein Volk ist, und so bleibt „in einem Nebel nützlicher Unbestimmtheit“ (Ralf Dahrendorf), welche Gemeinschaften es geltend machen können. Die Völker leben auch vielfach nicht schön abgegrenzt nebeneinander, sondern durchmischt. Insbesondere in Ost- und Südosteuropa gibt es viele Enklaven anderer Völker oder Durchmischungen, die Familienangehörige zu Teilen von zwei oder drei Völkern machen. Katalanen leben auch in Valencia, auf den Balearen, im französischen Roussillon, in Andorra und in Alghero auf Sardinien. Welch fürchterliche soziale Sprengkraft lag und liegt überall in der Konsequenz dieses „Kollektivrechtes“.

„Der Begriff Selbstbestimmungsrecht der Völker entstand im 19. Jahrhundert als nationalistische Kampfparole. Im Ersten Weltkrieg wurde sie propagandistisch benutzt. Das geschah auch von deutscher Seite, um die baltischen und die ukrainischen Nationalbewegungen gegen Russland aufzuwiegeln; an führender Stelle verfochten jedoch Lenin und US-Präsident Wilson dieses Prinzip.2 Wilson suchte ein Prinzip, Österreich-Ungarn in seine Bestandteile aufzulösen.

„Wenige Wochen nach dem Ende 1918 geschlossenen Waffenstillstand machte sich US-Außenminister Robert Lansing Gedanken, welchen gefährlichen Geist sein Präsident aus der Flasche gelassen habe: ´Das ganze Wort „Selbstbestimmung“ ist bis zum Rand mit Dynamit geladen. Welch ein Verhängnis, dass dies Wort je geprägt wurde! Welches Elend wird es über die Menschen bringen! Welche Wirkung wird diese Formel zum Beispiel auf die Iren, die Inder, die Ägypter und die Burennationalisten haben? Werden sich nicht die Mohammedaner in Syrien und Palästina und womöglich auch in Marokko und Tripolis darauf berufen? Wie lässt sich dieses Prinzip mit dem Zionismus in Einklang bringen?` Lansing befürchtete, die so freiheitlich anmutende Formel werde Völkerhass, Diskriminierung, ja Mord und Totschlag befeuern und viele Volksgruppen anstecken. Der Mann behielt recht.“ 2

Das Pariser Friedensdiktat führte – unter Missachtung des Selbstbestimmungsrechts der Deutschen und Österreicher – zur Gründung Polens, der Tschechoslowakei und Jugoslawiens, zu zahlreichen Abstimmungen über strittige Gebiete, begleitet von unzähligen Gewaltakten. Es ist „ein Kampfbegriff um die Etablierung von Macht“, wie Ralf Dahrendorf pointiert formuliert. Das Volk, dessen Egoismus angestachelt wird, ist oft nur notwendiges Instrument der Machtergreifung. Dieses kollektive Recht diente in aller Regel der Unterwerfung von Menschen, nicht ihrer Befreiung. Es ist eines der großen Irrtümer und Ursachen der Katastrophen des 20. Jahrhunderts, „ein Instrument der Entzivilisierung und Barbarisierung“, „ein Zeugnis der Unfähigkeit zur Freiheit in Vielfalt. Es wird Zeit, dass es aus dem Wortschatz der internationalen Politik verschwindet.“ 3

Auch den Machthabern in Katalonien gehe es nur um die eigene Macht, berichtete der 37 Jahre in Barcelona lebende Luis Espiga, überhaupt nicht um die Selbstbestimmung der in Katalonien lebenden Menschen selbst, die im Übrigen nur zu ca. 40 % Katalanen seien. Für eine Abspaltung bestehe überhaupt kein Grund, da man eine weitreichende kulturelle und auch wirtschaftliche Autonomie habe. Bezeichnend für die z. T. nationalistisch sich abschließenden Tendenzen sei, dass Schulen nur finanziell unterstützt würden, wenn sie einsprachig Katalanisch unterrichten und nicht auch noch Spanisch. Letztlich handele es sich einen Machtkampf zwischen den Machthabern in Katalonien und den Machthabern in Madrid.4

Ein unsinniger Rechtsbegriff

„Selbstbestimmungsrecht der Völker“ ist ein unsinniger Rechtsbegriff. Nur die einzelnen Menschen können ein Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung haben, die sie wie die anderen Menschenrechte vor Eingriffen der Macht insbesondere schützen sollen. Treffend schreibt Ralf Dahrendorf: „Rechte, Bürgerrechte zumal, sind ein wertvolles Erbe der großen Revolution vor 200 Jahren. Dabei geht es stets um Rechte des Einzelnen: das Recht auf Unversehrtheit der Person, das Recht auf freie Meinungsäußerung. Der oder die Einzelne hat solche Rechte gegenüber allen, die sie zu beschränken suchen, und insbesondere gegenüber Machthabern. Bürgerrechte weisen immer die Mächtigen in ihre Schranken.“ 5

In dem Maße, in dem das Recht auf Selbstbestimmung und Freiheit der einzelnen Menschen gegen die Herrschenden durchgesetzt und realisiert ist, ist auch das Volk frei und „selbstbestimmt“.  Rudolf Steiner übte schon während und nach dem Ersten Weltkrieg die heftigste Kritik an der vom Westen ausgehenden Parole vom Selbstbestimmungsrecht der Völker. „Man redet da von Völkerfreiheit und meint dabei nicht die wirkliche Freiheit der Menschen, sondern eine schimärische Kollektivfreiheit von Menschenzusammenhängen, wie sie sich in den westeuropäischen Staaten und in Amerika herausgebildet haben.“ 6 Die „Kollektivfreiheit der Völker“ könne nur aus den allgemeinmenschlichen Impulsen der individuellen Freiheit hervorgehen. „Die Völkerbefreiung ist möglich. Sie kann aber nur das Ergebnis, nicht die Grundlage der Menschenbefreiung sein. Sind die Menschen befreit, so werden es durch sie die Völker.“ 7

In einem Vortrag brachte er, um die vernebelnde Begrifflichkeit zu klären, einen Vergleich mit der grünen Wiese, bei der wir uns bewusst sind, dass es nur die einzelnen Pflanzen sind, die grün sind. Die Grünheit der Wiese besteht in der Grünheit der einzelnen Pflanzen. Wollte ich die Grünheit der Wiese ohne das konkrete Grün der einzelnen Pflanzen, „da müsste ich die Wiese grün anstreichen, dann wäre sie aber wahrhaftig nicht eine grüne Wiese.“  Ich darf also nicht so verworren denken, als ob die Grünheit der Wiese dem Ganzen zukommen könnte. Die Grünheit der Wiese ist ein Abstraktum, „welches zusammenfasst die einzelnen Konkreta, die grünen Pflanzen.“ 8

Diese Klarheit der Begriffsbildung muss auch herrschen in Bezug auf „Freiheit“ und „Recht“, die „konkret nur anzuwenden sind in Bezug auf den einzelnen Menschen, wie die Grünheit konkret auf die einzelnen Pflanzen, und dass, wenn ich von Recht und Freiheit der Völker spreche, ich nur meinen kann ein Abstraktum, so wie die Grünheit der Wiese. Heute aber wird die verlogenste Devise, die es geben kann, fast über die halbe Welt hin gestreut, indem geredet wird von etwas, was man erkämpfen will im Namen von Recht und Freiheit der Völker, was solch ein Unsinn, eine solche Torheit ist, wie die Grünheit der Wiese eine Torheit ist, wenn man meint, man könne die ganzen Pflanzen der Wiese anstreichen, statt dass die Wiese grün ist durch die einzelnen Pflanzenindividuen. Dennoch wird durch die heutige Benebelung der Völker mit dem falschen Nationalitätsprinzip geredet von dieser törichten Devise: Recht und Freiheit der Völker.“ 8

Vom seelisch-geistigen Gesichtspunkt aus kann man auch sagen: Das „Volk“ ist kein konkretes persönliches Wesen mit einem Ich, einem „Selbst“, wie der Mensch. Das Volk hat kein „Selbst“, das sich bestimmen könnte. Selbstbestimmung bezieht sich dem Begriffe nach stets auf den einzelnen Menschen. Sie bedeutet die Unabhängigkeit von jeder Art von Fremdbestimmung und die Bestimmung des Handelns nur aus dem eigenen Selbst, aus dessen eigener Erkenntnis und Kompetenz. Das Volk besteht aus einzelnen Menschen, die in einer gemeinsamen Kultur miteinander verbunden sind. Und wenn einzelne Menschen oder eine Mehrheit „für das Volk“ bestimmen, entscheiden sie über andere Menschen und schließen deren Selbstbestimmungsrecht aus.

Realisierung der Selbstbestimmung des Menschen

Nicht nur die Katalanen und Basken, alle Spanier brauchen Freiheit und Unabhängigkeit von Gesetzen, die ihre individuelle Selbstbestimmung aufheben, ob sie im Zentrum Madrid oder in Barcelona, in Vitoria-Gasteiz im Baskenland oder in anderen regionalen Hauptstädten gemacht werden. Und so ist es überall in Europa, wo der aus obrigkeitsstaatlichen Verhältnissen überkommene omnipotente Einheitsstaat – gleichgültig ob totalitär, monarchisch, republikanisch oder demokratisch verfasst – , der noch im EU-Superstaat überhöht wird, alle Lebensgebiete gesetzlich reglementiert.

Der Staat muss von der Selbstbestimmung des Menschen her konsequent neu gedacht werden. Die Herrschenden greifen heute noch tief in die Autonomie und Selbstbestimmung des Bürgers ein, wenn sie ihn z. B. in staatliche Kranken-Versicherungen zwingen, in denen zudem bestimmte Therapierichtungen begünstigt und andere benachteiligt werden. Dies ist obrigkeitsstaatliches
Denken, das ebenso im staatlich gelenkten Bildungssystem, in Staatstheatern, öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsendern, in vielen gezielten Eingriffen in das Wirtschaftsleben und nicht zuletzt im Machtinstrument des staatlichen Geldsystems seine Fortsetzung findet.

Man muss sich klarmachen, dass diese unterdrückende Fremdbestimmung durch den Staat nur dadurch beendet werden kann, dass der Staat auf seine eigentliche Aufgabe, für ein menschenwürdiges Rechtsleben zu sorgen, reduziert und ihm die inhaltliche Gesetzgebungskompetenz für die Kultur, einschließlich Bildung, und das Wirtschaftsleben entzogen wird. Diese müssen als vom Staat unabhängige Lebensbereiche konstituiert werden, die sich aus sich selbst heraus, aus ihrer eigenen geistigen Kompetenz, d.h. aus der Erkenntnis- und Gestaltungsfähigkeit der dort sachkundig handelnden Menschen  – horizontal koordinierend – selbst organisieren und verwalten. Nur so kann die Selbstbestimmung der dort tätigen Menschen gesichert werden. Eine solche Aufgliederung des Staates hat Rudolf Steiner bereits vor 100 Jahren unter dem Begriff „Dreigliederung des sozialen Organismus“ gefordert.

Sie ist auf diesem Blog schon von verschiedenen Seiten beschrieben worden, so dass zur Vertiefung insbesondere auf folgende Artikel verwiesen sei:

–  Die Grenzen der Wirksamkeit des Staates – Zum 250. Geburtstag W. v. H.
–  Macht macht untertan – Die  Unvereinbarkeit von staatlicher Macht und …
–  Wo sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit?
–  Der Mensch als Maß der Gesellschaft
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1   Geolitico.de 5.11.2017
2   Götz Aly in berliner-zeitung.de 24.3.2014
3   Ralf Dahrendorf in zeit.de 28.4.1989
4   am 20.11.17 in einem Vortrag im Forum3 in Stuttgart
5   Ralf Dahrendorf a.a.O.
6   Rudolf Steiner: Aufsätze …  GA 24, Dornach 1961, S. 344, 345
7   a.a.O. S. 359
8   Rudolf Steiner, Vortrag vom 11.9.1916 in Gesamt-Ausg. Nr. 272, S. 317

Quelle: https://fassadenkratzer.wordpress.com/2017/11/23/katalonien-z-b-und-die-krux-mit-dem-selbstbestimmungsrecht/

12. Dezember 2017
Rubrik: Nation, Nationalismus

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