Nach Kondratieff ist schon Winter: Denken und Kreativität werden gebremst von einer unsichtbaren Wand. Nur eine offene Gesellschaft kann sie durchbrechen. Ein Gastbeitrag von Walter Kothe.
1. Einleitung
Ist es nicht ein Armutszeugnis, Abgaswerte zu fälschen? Außer Marginalem scheint den Ingenieuren nicht mehr viel einzufallen, um ihre Produkte wesentlich zu verbessern. Dazu braucht man eben neue „Basistechnologien“. Folgende Fragen stellen sich:
- Was sind „Basistechnologien“?
- Zeugt ein solch unprofessionelles Verhalten, wie in der Industrie gezeigt, nicht vor allem für den Mangel an Bewusstsein um die Bedeutung von „Basistechnologien“?
- Steht ein primitives Weltbild, das vom Profit bestimmt wird, vielleicht diesbezüglich tieferen Einsichten sogar entgegen?
- Hat die Politik davon überhaupt eine Ahnung und fördert sie Basistechnologien in ausreichendem Maße?
Man kann, nach den jüngsten Erfahrungen, wohl eines sicher unterstellen: Den meisten in der produktiven Wirtschaft, im Bankwesen und der Politik sind KONDRATIEFF (5) und die Rolle von Basistechnologien bislang völlig unbekannt geblieben. Damit bleibt für diese Leute eigentlich die Grundlage für jede Art von Wirtschaft im Dunkeln, egal, ob es sich um Produkte oder Dienstleistungen handelt. Denn am Anfang einer jeden Wertschöpfungskette steht immer ein kreativer Geist, der eines förderlichen Umfeldes bedarf. Ohne einen solchen unterbleibt auch jede wirtschaftliche Tätigkeit. Wer nur seine Rendite im Tunnelblick hat, verkennt die wahren Grundlagen und die eigentlichen Voraussetzungen seiner eigenen Existenz. Eine derartige Ignoranz dürfte wohl eher ein Hautmerkmal einer vor allem „geistig geschlossenen“ Gesellschaft sein. Obwohl behauptet wird, wir lebten in einer offenen.
2. Wer war eigentlich KONDRATIEFF?
Nikolai Dmitrijewitsch KONDRATIEFF (1892 – 1938) war ein russischer Wirtschaftswissenschaftler, umgebracht von Stalins Schergen. Er entwickelte eine zyklische Wirtschaftstheorie eigener Art.
3. KONDRATIEFF – Zyklen
Kondratieff unterscheidet mehrere Arten kurz- und langfristiger Wirtschaftszyklen. Im Vordergrund dieser Betrachtung stehen die langfristigen Zyklen mit einer Dauer von 30 – 60 Jahren. Diese sind gekennzeichnet von der Erfindung sog. „Basistechnologien“. Basis-technologien sind Grundlagenerfindungen, wie z. B. die Dampfmaschine und der Verbrennungsmotor. Diese grundlegenden Technologien verzweigen sich in ihren Anwend-ungen wie ein Baum, wobei diese den Stamm bilden und die jeweiligen Spezial-Anwendungen die Äste. Beispiel: Diesel, Schiffsdiesel, Diesellok usw. Derzeit sind 5 Zyklen, die jeweils in Analogie zu den Jahreszeiten eingeteilt werden, vergangen. K-Frühling bedeutet Aufschwung. K-Sommer Blüte, K– Herbst Abschwung und K–Winter Depression. Man hofft gegenwärtig auf den 6. Zyklus, über dessen Voraussetzungen und Basiserfindungen zu diskutieren ist. Die bisherigen Zyklen waren von folgenden Basiserfindungen gekennzeichnet:
4. Der Kondratieff – Winter, ist durch einige typische Merkmale gekennzeichnet.
4.1 Der Mangel an Basiserfindungen, der sich im Kondratieff –Winter einstellt, kommt nicht von ungefähr. Der Strukturbaum, den eine jede Basisinnovation ausbildet, strebt mit seinem Astwerk (und Blätterdach) einer imaginären Kuppel entgegen, welche die Optimierungsgrenze markiert. Konzeptionell lässt sich die Grundlagen -Technologie bei Erreichen dieser Grenze nicht mehr verbessern und nur noch in kleinen Details ändern. Diese Grenze bildet eine Art „unsichtbarer Wand“, die auf der Basis veralteter Ideen, Konzepte und Weltbilder nicht mehr überschritten werden kann. Damit ist die Kernbotschaft dieser Abhandlung eigentlich schon formuliert.
4.2 Wenn ein Markt von Wettbewerbern geprägt ist, die im Grunde alle die gleiche Palette an Waren und Dienstleistungen anbieten, führt das schließlich immer in eine Marktsättigung. Sofern nicht laufend Nachfrage herrscht, wie bei den sog. „Existenzmitteln“ (Waren und Dienstleitungen, die man zum Leben unbedingt braucht) schrumpfen die Umsätze und die Produktionskapazitäten geraten zu groß. Eine sinkende Realwirtschaft kann auf breiter Front schließlich in einen Kapitalanlagenotstand führen. Denn Kapital wird dann weder auf der Seite der Konsumenten noch auf der der Produzenten länger nachgefragt. Wer kauft schon Dinge, die er nicht braucht, oder sich nicht mehr leisten kann. Und dann auch noch auf Pump. Auch wird kein Unternehmen in Produktionskapazitäten investieren, um damit Waren anzubieten, die keiner will. Ebenfalls bestimmt nicht auf Kredit. Entsprechendes gilt auf dem Dienstleistungssektor. Das lässt dann das Kapital, „das keiner will“, meist sehr schnell in die Spekulation abwandern, unterstützt durch Gelddrucken und den preistreibenden Aufkauf von Schrottpapieren durch die Notenbanken. Hilft das etwa, wenn nur neue Basiserfindungen neue Märkte schaffen? Wohl kaum.
4.3 Soziale Polarisation tritt im K – Winter dann ein, wenn immer weniger investiert wird, Kapazitäten abgebaut werden und Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren. Verdient wird nur noch in der Spekulation, zumindest so lange die gehandelten Wertpapiere noch einen realen Wert haben oder ihnen ein solcher zugetraut wird. Verschwindet dieses Zutrauen, setzt eine Baisse ein und so manche Spekulationsblase platzt. Dann geht Anlagekapital auf breiter Front verloren. Besonders verheerend wirken sich in dieser Situation die schon erwähnten Stützungsmaßnahmen seitens der Notenbanken aus, die zu sog. „politischen Kursen“ führen, welche mit der Realität nichts mehr zu tun haben. Sie täuschen eine gesunde Wirtschaft vor, die nicht vorhanden ist und verzeichnen ein Wachstum, das nur noch auf dem Papier existiert.
4.4 Die politische Destabilisierung, die sich in solchen Zeiten einstellt, resultiert in erster Linie aus der Massenarbeitslosigkeit und dem sinkenden Steueraufkommen, das den Staat schnell aus der Lage drängt, seine Aufgaben und Schuldendienste zu erfüllen. Wie die Erfahrung zeigt, wird seitens der Politik immer zuerst bei den im Einkommen Schwächsten gestrichen. Wenn in einer solchen Situation obendrein noch sehr viele Migranten ins Land gelassen werden, kann das sehr schnell zur Überlastung und schließlich zum Zusammenbruch der Sozialkassen führen.
4.5 Der Staat greift im tiefen K – Winter dann nach innen und außen für gewöhnlich, um die Lage unter Kontrolle zu halten, zu einer „kompensatorischen Kriegswirtschaft“. Diese beginnt mit einer latenten Phase, in welcher Notverordnungen und Ausnahmezustand herrschen. In der offenen Phase können Versorgungsengpässe auch bürgerkriegsartige Turbulenzen erzeugen. Dann wird auf den Straßen um das Überleben gekämpft.
Ein Handelskrieg mit anderen Staaten, die ebenfalls im K – Winter feststecken, kann schließlich auch in einem internationalen Krieg eskalieren. Dann herrschen Destruktion und Wiederaufbau offen als ersatzweises Geschäftsmodell.
5. Der einzig konstruktive Weg durch die Wand: Eine gebildete und offene Gesellschaft
Im sich nun einstellenden K – Winter fummeln also fast alle überwiegend an Technologien, die vor 60 – 150 Jahren erdacht wurden. Warum sind epochale Erfindungen (wie z. B. die Dampfmaschine) eigentlich so selten und warum ist eine solche momentan nicht in Sicht?
Eine Binsenweisheit: Dies hängt zum einen erst einmal von der Genialität einzelner ab und zum anderen von einem Umfeld, das Kreativität entweder fördert, behindert oder vielleicht sogar unterdrückt.
Genau besehen geht es demnach also schon um die Qualität von Bildung, die ein Genie oder Genialität antreiben kann. Und ferner um eine offene Gesellschaft. Denn offene und gebildete Menschen streben eine solche fast automatisch an. Und eine offene Gesellschaft kann wiederum leichter Genies hervorbringen, die dann auch produktiv werden können.
Umgekehrt scheint leicht einzusehen: Kann und darf in einer Gesellschaft nicht frei gedacht werden oder wird etwa zur Besitzstandswahrung des Establishments gegenüber Aufsteigern gemauert, kann eben auch Geniales und Epochales kaum erfunden und geschaffen werden. Das ist der allergrößte Nachteil einer geschlossenen Gesellschaft. Beispiel: Der verheerende Einfluss der Kirche als Garant einer geschlossenen Gesellschaft mit primitiver Pyramidenstruktur soll dazu nur erwähnt werden. Hier waren die meisten Bremser und Verbrenner vertreten.
Der Entwicklungsstatus einer ganzen Gesellschaft offenbart sich demnach sehr präzise in dem Maße, in welchem Kreativität entsteht und sich entfalten kann. In Gesellschaften, deren Horizont eher eng und deren Entwicklungsstatus deswegen niedrig ist, fristen Genies meist ein Dasein als tristes Mauerblümchen. Nur wenige kommen hoch und haben Erfolg. Dazu ein Beispiel:
Columbus war zwar kein technischer Erfinder, aber ebenfalls Entdecker. In jedem Falle war er ein offener Geist. Er war gebildet, hatte so potente wie ebenso gebildete Förderer und teilte mit diesen ein kugelförmiges Weltbild. Er war sich also der Kugelform der Welt bewusst. Er wäre nie über den Atlantik gesegelt, wäre er einem scheibenförmigen Weltbild verhaftet gewesen, wie viele seiner durch Adel und Klerus dumm gehaltenen Zeitgenossen. Denn sein Weltbild war das einer Kugel ohne Rand. Daher hatte er auch keine Befürchtungen, über einen solchen zu fallen und fuhr ohne die Hemmungen einer mittelalterlichen Erdscheibe los.
Im Vorgriff auf spätere Erläuterungen sei erwähnt, dass ein Weltbild in der Form eines Ringes (Torus) ebenfalls zu völlig neuen Einsichten führen kann (siehe 5.1), die man mit einem kugelförmigen Modell nicht erreicht. Sowie sich die planetaren Epizyklen mit der Einführung eines heliozentrischen Weltbildes als Sinnestäuschung verloren, wird z. B. der Urknall in einem Ring überflüssig, da ein solcher kein Zentrum hat, aus dem etwas hervorknallen kann. Falsche Weltbilder führen zu falschen Annahmen. Und damit zu falschen Resultaten.
Die „unsichtbare Wand“ wird also schlicht durch das Bewusstsein in seiner individuellen und kollektiven Ausprägung bestimmt. Das sei „Zeitgeist“ genannt. In Anlehnung an WITTGENSTEIN (8) kann man sagen:
„Die Grenzen meines (unseres) Bewusstseins sind die Grenzen meiner (unserer) Welt.“
Der Zeitgeist korreliert immer mit dem momentan herrschenden „Weltbild“. Dabei ist das „Bild der Welt“, das sich der Zeitgeist formt, wie sein Haus zu sehen. Die Zimmer dieses Hauses entsprechen den einzelnen Aspekten, unter denen die Welt betrachtet wird. Es gibt Zimmer für die Kunst, die Wissenschaft, die Philosophie usw. Das Haus wird laufend renoviert, umgebaut und ausgebaut, bis es eines Tages für neu erlangte Erkenntnisse keinen geeigneten Platz mehr bietet. Sind solche nicht mehr einzuordnen oder stehen sogar im Widerspruch zur Architektur des ganzen Gebäudes, dann wird ein neues benötigt. Und was darüber hinaus wegen der Unzulänglichkeiten in der ganzen Architektur nicht einmal gedacht werden kann, das kann erst recht nicht erfunden oder gefördert werden.
In jedem Falle bedeutet es immer einen Phasenwechsel, wenn ein Weltbild oder „Weltentwurf“ aufgrund seiner Widersprüchlichkeit und Realitätsferne nicht mehr zu halten ist und zusammenbricht. Entweder man meistert dann diese Krise und entwickelt sich weiter. Oder man steigt ab, so wie wir gegenwärtig.
Kreativ erschöpfter Zeitgeist
Zusammenfassung: Unser „Zeitgeist“ befindet sich genau deswegen im Niedergang, weil er sich in seinem Kreativpotential sichtlich erschöpft hat, vor allem technisch. „Durch die Wand“ führt damit nur die Veränderung des Bewusstseins, sofern es sich dann auch in einem erweiterten oder gar neuen Weltbild abbildet, das an die Wirklichkeit besser angepasst ist. Und erst darauf basieren dann völlig neue Ideen und Erfindungen in der materiellen Welt, wie sie beispielsweise die Dampfmaschine oder der Dieselmotor darstellen. So lautet die konkrete Herausforderung an uns alle. Wir brauchen möglichst viel Offenheit sowie eine effiziente Förderung und profunde Allgemeinbildung für alle. Einem jeden nach seinen Neigungen.
5.1 Offene Gesellschaft und Bildung: Wodurch wird der Zeitgeist, also das gegenwärtige kollektive und individuelle Bewusstsein in den gesellschaftlichen Formen genauer geprägt, wodurch ist er limitiert und wie sind seine Grenzen zu überwinden?
5.1.1 Grob lassen sich sowohl individuell als auch kollektiv ein hierarchisch – geschlossenes und ein offen – heterarchisch geprägtes Bewusstsein unterscheiden. Ersteres mündet in ein zentralistisches Weltbild, das eine Spitze oder ein Zentrum braucht: Pyramide und Kugel. Letzteres führt dagegen zu einem dezentralen Toroid als Weltmodell. Damit kann man (ohne das hier genau zu erörtern) darin Netzwerke gut darstellen, die keine Zentrale haben. Diese „weltanschaulichen“ Prägungen finden sich dann strukturell in entsprechenden Gesellschafts-formen wieder. Wie der Zeitgeist und sein Weltbild, so die Gesellschaft. Also geschlossen oder offen. Wie gelangt man in eine offene Gesellschaft? Erst einmal durch die richtige Bildung.
5.1.2 W. v. HUMBOLDTS (4) Bildungsideal wiederentdeckt: Bildung ist immer intellek-tueller und emotionaler Art. Sie formt das individuelle Bewusstsein und setzt daher beim Individuum an. Hier wird nur die intellektuelle Bildung kurz gestreift und dazu auf W. von Humboldt zurückgegriffen.
Nun war Humboldt bestimmt kein anarchistischer Denker, welcher der Dezentralität von Netzwerken anhing. Aber sein universales Bildungsideal macht es einfach wahrscheinlicher, in Zeiten der Krise einen Ausweg zu finden, indem man „über den Tellerrand blickt“. Das meint die Fähigkeit zu einem „Kontextwechsel“. (Scheinbar Bekanntes erscheint in neuen Zusammenhängen in einem völlig neuen Licht. Und solche Zusammenhänge gilt es zu ent-decken. Auch Querdenken genannt.)
Im K – Winter sind schließlich Leute gefragt, die eine große Allgemeinbildung haben und deswegen einen weiten Überblick darüber, was bereits erfunden wurde, was noch fehlen könnte und welche Wege man beschreiten muss, um zu wirklichen Neurungen zu kommen.
In solchen Zeiten überragt auf alle Fälle der Generalist den Spezialist.
(Das Wissen um Heterarchie, Hierarchie, Anarchie und andere grundlegende Ordnungsmuster sowie ein wenig Kybernetik gehört dazu.)
Menschen hoher Spezialisierung dagegen gedeihen im Kondratieff – Sommer am besten, weil sich dort Technologien ebenfalls noch speziell verzweigen. Aber schon im K –Herbst steigen diese ab, da mit Erreichen der Optimierungsgrenze keine weiteren Spezialisierungen mehr möglich sind. Und trotzdem sieht man solchen Zeiten, wie den unseren, ausgerechnet in einem steigenden Zwang zur Spezialisierung das Heil. Die Kreativität läuft dadurch immer wieder gegen die oben beschriebene Wand und schließlich förmlich Amok. Das reicht dann von getürkten Abgaswerten bis zu allerlei Formen von Pseudowissenschaft (worauf hier nicht eingegangen werden kann). Kann Kreativität auch destruktiv entarten?
5.2 Kreativität als Urgewalt
Denkverbote und Dogmatismus aller Art hindern den offenen Geist nicht daran, zu wehen, wo er will. Er ist also dauerhaft nicht zu unterdrücken, wohl aber eine Zeitlang zu bremsen oder auch erheblich fehlzuleiten. In destruktive Kanäle meistens. Ist Krieg etwa eine fehlgeleitete Kreativ – Energie? Die Wirkung von Gewalt (strukturell und physisch) auf Menschen, die in der Entfaltung ihrer Kreativität behindert werden, erzeugt ein permanentes Gefühl der Unzufriedenheit, Unruhe und Depression bis hin zur Aggression. Eine Provokation: Wäre Adolf Hitler, hätte ihn die Wiener Kunstakademie aufgenommen, ein guter Maler geworden, fern jeder Deformation eines durchaus kreativen Geistes zum blutigen Diktator? Nichts soll Hitler hier entschuldigen, aber dieser unpopuläre Gedanke wäre es vielleicht wert, verfolgt zu werden. Die Unterdrückung und Kanalisierung von Sexualenergie ist, neben der von „unerwünschter“ Kreativität sonstiger Art, auf jeden Fall schon lange ein probates Mittel, den Menschen zu kontrollieren und seine Leistung auf ein gewünschtes Ziel zu fokussieren (8). Auch dabei spielt die Kirche immer schon eine zweifelhafte Rolle. Früher unterstützte sie die feudale Gesellschaftspyramide, heute die globale Finanzoligarchie. Die Pyramide bleibt. Denn es geht immer noch um Seelen und ihr Geld. Das Spiel heißt daher immer noch…
5.3 Monopoly Global
Geiz und Gier sind nicht geil, sondern dumm. Angeblich verfügen 0.1% der Weltbevölkerung über mehr Reichtum, als der Rest. Das ist so pervers wie verhängnisvoll. Denn am Ende von „Monopoly Global“ kommt die Wirtschaft zum Erliegen, weil die Majorität hoffnungslos verschuldet ist und ihre ökonomische Teilhabe verliert. Die Natur wird, nach wie vor, als Ressource behandelt und ohne große Rücksicht ausgebeutet. Spätestens dann, wenn Mensch und Natur einen irreversiblen Schaden genommen haben oder gar zerstört sind, vermag Vermögen rein gar nichts mehr. Geiz und Gier sind also am Ende so dumm wie tödlich, weil nach dem Kreativ- Potential der meisten gar nicht gefragt wird. Stattdessen wird in der geschlossenen Gesellschaft der Hierarchie zu allen möglichen Formen struktureller und physischer Gewalt gegriffen, um den einzelnen auf Spur und in der ihm zugedachten Funktion zu halten. Zu oft fern seiner wahren Neigungen. Stichworte „Erziehung, Schule, Polizeistaat und Krieg“, ohne hier behandeln zu können, wo immer zu Gewalt gegriffen wird. Das wäre ein eigenes Buch.
Die Bereitstellung von ausreichend Risikokapital und Fördermitteln erfolgt, egal ob aus privaten oder öffentlichen Quellen, meist für einen geschlossenen Kreis etablierter Personen oder Kreise (auch „closed – shop“ genannt), welche die richtigen Beziehungen und bürokratischen Kompetenzen haben. Schon um die Förderanträge professionell und mit Aussicht auf Erfolg abzufassen. Entscheidend bleiben dabei allerdings immer die Gewinnaussichten. Wenn damit 5% all derer erreicht werden, die echtes Kreativ – Potential haben, so dürfte das hochgegriffen sein. Auch wenn die Politik für sich reklamiert, Gründerzentren zu betreiben, bleibt das fern von einer systematischen Förderung der Kreativität, welche den Menschen ein Leben lang anregt und begleitet, wenn er das möchte. Das braucht Raum zum Experiment, zum Scheitern und Gelingen. Die besten Ideen zu fördern, unabhängig davon, wer sie erdachte, unterbleibt durch diese Mängel meistens. Das verwandelt den inzwischen schon herrschenden K – Winter in eine geradezu antarktische Form. „Berge gefrostster Geldsäcke“ liegen dabei unmittelbar neben „gewaltigen Halden aus zu Eis erstarrter Fähigkeiten“. Die Politik hat auch dafür bislang so gut wie keinerlei Bewusstsein.
Wohlstand für alle nach L. ERHARD (3), bildet auch die grundlegende Voraussetzung für ein gedeihliches und kreatives Gesellschaftsklima. Dazu gehört vor allem Vertrauen. Dieser „gesellschaftliche Konsens“ ist inzwischen aber längst kein Thema mehr. Es geht nur noch um Profitmaximierung und den alltäglichen Kampf „jeder gegen jeden.“ Daher haben wir auch immer noch keinen Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit gefunden! Kann es sein, dass wir auch hier ebenfalls immer noch vor dieselbe Wand rennen und keinen Schlüssel haben, um sowohl einen findigen Unternehmer zu belohnen, als auch die fleißige Belegschaft am Arbeitsertrag „ihrem Beitrage gemäß“ zu beteiligen? Nur um einmal Bewegung in die Sache zu bringen: Wie wäre es mit einem Drittel für den findigen Unternehmer und zwei Dritteln für die fleißige und motivierte Belegschaft?
5.4 Politische Stabilisierung durch Dezentralität
Halten wir uns immer daran, wie die Natur es vormacht, wenn sie ihre belebten Systeme stabil steuern und erhalten will: Soviel Zentralisierung und Fernsteuerung wie nötig, soviel Dezentralität und Selbststeuerung wie möglich. Zeige einer auf die große Masterzelle im Gehirn, die alles steuert und regelt. Wenn diese etwa den Blutzuckerspiegel in Gefahrensituationen regulierte, dann fände sich so mancher von einem Bus überrollt, noch bevor er den nötigen Satz machen konnte, um auszuweichen.
Auf politischer Ebene wird sich die Brüsseler Eurokratie genauso ineffizient erweisen, wie sich die UDSSR seinerzeit als unfähig zeigte, das Riesenreich vom grünen Tisch aus zu kontrollieren und zu steuern.
Je größer die Gesamtstruktur, desto autonomer und autarker die Substrukturen. Das fordert den einzelnen, in einer „dezentralen Bürgergesellschaft“ aktiv an den lokalen Belangen selber mitzuarbeiten und von der Versorgungsmentalität abzurücken, alles von einem Zentralstaat serviert zu bekommen.
“Small is beautiful“ (5), weil lokal relevante Entscheidungen sehr schnell vor Ort getroffen werden können. Die Kompetenzen eine Zentralverwaltung sollten in dem Maße abnehmen, in welchem die Gesamtorganisation wächst. Das lässt bürokratische Wasserköpfe ab und schützt den Bürger vor unerwünschten sowie sinnfreien, aber kostenpflichtigen Dienstleistungen seitens personell völlig überbesetzter öffentlicher Dienste. Man denke dabei nur an das sogenannte „öffentlich-rechtliche“ Rundfunk- und Fernsehunwesen.
Nun war Humboldt, wie gesagt, bestimmt kein Denker der Anarchie (1), welcher der Dezentralität von Netzwerken anhing. Aber vielleicht wäre er ein solcher, lebte er heute?
6. Ausblick auf den 6. Kondratieffzyklus, wie er vielleicht sein könnte: Transklassisches Bewusstsein – transklassische Technologie?
6.1 Transklassisches Bewusstsein?
Das klassische Bewusstsein stützt sich auf geschlossene Weltmodelle, das transklassische drückt sich dagegen in offenen Modellen aus (2). Eine Pyramide oder eine Kugel sind zentralistisch geprägt. Im einen Falle orientiert sich alles an der Spitze, im anderen am Mittelpunkt. Ein geschichtetes Toroid (siehe 9. Abbildungen), wie es z. B. R. PENROSE (7) erdachte, kennt weder einen Mittelpunkt noch sonst einen hierarchisch ausgezeichneten Ort. Man kann es sich von Netzwerken durchzogen denken, die keine ausgewiesene Steuerzentrale haben, also dezentral funktionieren.
6.2 Transklassische Technologie? Ein Beispiel
Wer epochale Technologien entwerfen will, der braucht Visionen, die zuvor noch keiner hatte. In vielen Science-Fiction Filmen fliegen Raumschiffe durch das All, die an entartete Bohrmaschinen oder Staubsauger erinnern. I. d. R. waffenstarrend. Die meisten haben ein Triebwerk, das irgendeinen Treibstoff ausstößt. Wenn man sich das geschichtete Toroid nach PENROSE (7) als ein Raumschiff vorstellt, so hat es kein Triebwerk, sondern es ist Trieb-werk und Schiff in einem. So wie sich toroidale Wirbel durch Wasser fortpflanzen, so könnte sich ein solcher Wirbel auch im Weltall fortbewegen, sofern dies ein verwirbelbares Medium besitzt, wie etwa interstellare Plasmen.
In solch einem solchen (eher als „ein kleines All“ durch „das große All diffundierendem“) Gerät (siehe 9. Abbildungen) würde die Besatzung sich mit Sicherheit an einen Erfinder (oder eine Gruppe von Erfindern) mit einem toroidalen Weltbild erinnern. Und dann mit Fug und Recht behaupten, sich mit diesem „Weltbild“ in einer materiellen Form sogar fortbewegen zu können, weil es an die reale Welt in höchstem Grade angepasst ist. Denn auch das All sei ein geschichtetes Toroid, also als solches frei nach G. BRUNO (2) „unendlich und voller belebter Welten.“
Man könnte auch sog. „Dupinische – Zyklide“ (siehe 9. Abbildungen) ihrerseits zirkulär zu einem Toroid fügen, einem Kürbis ähnlich. Und solche Toroide dann versetzt verschachteln und übereinander stapeln. Jedes „Möndchen“ besitzt eine Engstelle, von der es aus es sich, ebenfalls zirkulär, verbreitert und wieder zusammenzieht. Zirkulierte und veränderte sich darin ein Medium, dann urknallte da gar nix.
Ein geschlossenes Bewusstsein hingegen kann auf der Basis eines geschlossenen Weltbildes einem solch offenen Bewusstsein nicht folgen und wird auch nie in offenen Systemen denken können. Und dies auch nicht wollen. Denn geschlossene Systeme belassen gerade in ihren technischen Ausformungen das eingefahrene Gesellschaftssystem in seiner gleichfalls geschlossen – hierarchischen Form. Beispiel. Gerne hätten die adligen Manufakturen die bürgerlichen Unternehmer vermieden, die seinerzeit, durch die Dampfmaschine beflügelt, die wirtschaftliche Weltbühne betraten. Und aus diesem Grunde reiten wir auch immer noch auf Kanonenöfen durch den nahen Weltraum. Transklassische Technologie hätte sicher als Basistechnologie gleichfalls einen auf allen Ebenen umwälzenden Effekt, den viele nicht wollen. Denn die heterarchische Netzwerk – Gesellschaft würde (auf der Basis einer ihr strukturanalogen Technologie) die herrschende Hierarchie noch schneller ablösen, als sich das durch das Internet ohnehin schon vollzieht. Der Geist ist also längst schon aus der Flasche, obwohl das vielen noch verborgen bleibt. Als neuer Zeitgeist!
Der 6. Kondratieffzyklus wird (also) von den offenen Systemen heterarchischer Netzwerke bestimmt.
7. Schlusswort: Kondratieffs Rache!
Auch Kondratieff schlägt als Aufklärer posthum doch noch all die reaktionären Bremser, Unterdrücker und sogar die Mörder, unter denen er gelitten hat. Ignoranz und Arroganz werden sich immer in einer Stunde der Wahrheit gegen diejenigen wenden, welche diese Unarten reiten. Oder deren Nachkommen. Das ist und bleibt die Rache der Verfemten. In diesem Sinne auch ganz besonders G. BRUNO (2) zum Gedenken, der das Weltall als unendlich ansah. Und das Weltall daher –in sein Inneres wirkend – ihn.
8. Begriffserklärung
Hierarchie: https://de.wikipedia.org/wiki/Hierarchie
9. Abbildungen
- Toroid nach PENROSE, zitiert der unendlichen Schichtung wegen
- Dupinisches – Zyklid (im Text auch „Möndchen“ genannt)
- Ein sich fortpflanzender Ringwirbel, aus Dupinischen Zykliden bestehend, als „spacecraft“ (patentiert).
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- Literaturhinweise und Links
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(1) Anarchie
(2) G. BRUNO
https://www.giordano-bruno-stiftung.de/
(3) L. ERHARD
http://www.ludwig-erhard.de/wp-content/uploads/wohlstand_fuer_alle1.pdf
(4) W. v. HUMBOLDT
http://www.humboldtgesellschaft.de/inhalt.php?name=humboldt
(5) L. KOHR
http://www.leopold-kohr-akademie.at/lka/modules/info/index.php?id=1:1
(6) N. D. KONDRATIEFF
(7) R. PENROSE
http://users.ox.ac.uk/~tweb/00001/
(8) W. REICH
“Massenpsychologie des Faschismus” (nach W. Reich) 6/16 (Prof. Dr. Bernd Senf)
(9) L. WITTGENSTEIN
http://www.alws.at/de/index.php/lwittgenstein/view/sein_leben_sein_werk/
Quelle: https://www.geolitico.de/2017/09/12/mit-denkverboten-gegen-die-wand/