Die Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges aus Nischni Nowgorod und Umgebung sind empört. Ein Vaterlandsverräter soll ein Museum bekommen! Ein einheimischer Geschäftsmann habe das Geburtshaus von General Andrej Wlassow gekauft und wolle es dessen Andenken widmen, schrieb “Die Welt” vor einigen Jahren.
Die Veteranen haben sich in dieser Frage bereits an Präsident gewandt. „Wir, die wir unser Blut auf dem Schlachtfeld gelassen haben, können eine solche Schändung von allem, was uns heilig ist, nicht zulassen“, beschwerten sie sich. Die Eröffnung eines solchen Museums diene dazu, „die Weltgeschichte und die vaterländische Geschichte zu verdrehen und den Namen Russlands zu besudeln“, schrieben die Veteranen. Der Versuch, „diesen Menschen zu rehabilitieren, weil er angeblich gegen Stalin und nicht gegen sein Volk gekämpft hat, ist eine Schande“, meint der Vorsitzende des Veteranenrats von Nischni Nowgorod, Nikolai Dunjuschkin.
Das kleine, schmucke und noch gut erhaltene Holzhaus, aus dem irgendwann einmal ein Museum werden soll, steht im Dorf Lomakino in der Nähe von Lukojanow (Foto). Hier wurde am 1. September 1901 Andrej Andreewitsch Wlassow geboren. Aus diesem Dorf brach er auf, um zunächst in ein Priesterseminar einzutreten. Das verließ er jedoch 1919, dem Willen des Vaters trotzend, und trat in die Rote Armee ein. Dort machte er aufgrund seiner militärischen Fähigkeiten schnell Karriere.
Die Erinnerungen daran, die mit der Museumsdebatte wieder aufgefrischt wurden, sind schmerzlich. Niemand in Russland mag heute daran denken, dass im Großen Vaterländischen Krieg rund 800.000 Russen, einschließlich Polizeikräfte, auf deutscher Seite gekämpft haben, so “Die Welt”. Etwa eine Million sowjetische Kriegsgefangene haben während des Zweiten Weltkrieges bei der Wehrmacht gedient, ohne dabei an Kampfhandlungen teilzunehmen, teilte Generalmajor Alexander Kirillin, Leiter der Verwaltung für Verewigung des Andenkens an die gefallenen Vaterlandsverteidiger im russischen Verteidigungsministerium, mit. „Insgesamt hatten bei der Wehrmacht nach verschiedenen Schätzungen 600.000 bis zu einer Million ehemalige sowjetische Kriegsgefangene gedient. Vorwiegend als ungelernte Arbeiter, Fahrer und Reparaturarbeiter“, sagte er. Nach seinen Worten gaben die Deutschen ihnen keine Waffen wegen der Befürchtung, dass diese gegen sie selbst eingesetzt werden könnten.
Das sowjetische Ideologem über die europäische Widerstandsbewegung sei ebenfalls ein Mythos. Mit Recht verweisen die Historiker darauf, dass die Kollaboration mit Deutschland im Zweiten Weltkrieg ein gesamteuropäisches Phänomen darstellte. Es ist bekannt, dass Maurice Thorez (Leiter der französischen Kommunistischen Partei) 1940 Defätist war und dafür agitierte, Paris für Deutschland aufzugeben. Die deutschlandfreundliche Regierung von Petain wurde in Frankreich unter Beachtung aller Formalitäten gewählt. Diejenigen, die sich freiwillig für den Militärdienst bei den Nazis anmeldeten, waren nicht weniger zahlreich als die aktiven Mitglieder der Résistance. Tausende Franzosen dienten dem Dritten Reich. Wenige wissen, dass Berlin während der letzten Stunden des Sturms von großen französischen Einheiten verteidigt wurde.
Wer war dieser General „zwischen Stalin und Hitler“? Zum sowjetischen Helden, wenn auch nur für kurze Zeit, avancierte er, als die deutsche Armee im Herbst 1941 kurz vor Moskau stand. Ein Denkmal in der Vorstadt Chimki, einer Panzersperre nachgestaltet, erinnert heute daran, dass Hitlers Panzer bis auf 15 Kilometer an den Kreml herangerückt waren. In dieser Situation betraute Stalin den gerade 40-Jährigen Wlassow mit der Verteidigung der Hauptstadt. Im Januar 1942 wurde er zum Generalleutnant befördert und zum stellvertretenden Kommandeur der von Stalin persönlich geplanten Operationen an der Wolchowfront ernannt, durch die Leningrad entsetzt werden sollte. Mitte März gelang es jedoch der deutschen Wehrmacht, die sowjetischen Truppen in einer Gegenoffensive von ihrem Nachschub abzuschneiden, einzukesseln und nach langen Kämpfen zu zerschlagen. Am 12. Juli 1942 geriet Wlassow in deutsche Gefangenschaft.
Wlassow gab in den Verhören scheinbar bereitwillig auf alle Fragen eine Antwort, die ihm von deutscher Seite gestellt wurden. Zudem schienen die Verhöre in einer entspannten Atmosphäre zu verlaufen. Auskunftsbereit zeigt er sich auch in Winniza, gegenüber von Oberst Reinhard Gehlen, Abt. Fremde Heere Ost, der ihm die Bildung einer „Russischen Befreiungsarmee“ vorschlug, was durch Wlassow keine Einwände erfuhr. Dafür lehnte zum Beispiel Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel alle Bestrebungen zur Bildung einer solchen Armee um so energischer ab.
Viele deutsche Militärs sympathisierten mit Wlassow, der spätere Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg sah in ihm einen „russischen de Gaulle an der Spitze einer freien Gegenregierung und einer (antibolschewistischen) Befreiungsarmee“. Hitler indes verachtete den russischen „Untermenschen“: „Er ist gar nichts.“ Hitler verbot kategorisch den Aufbau einer russischen Armee, da er damit seine Kriegsziele aus der Hand gegeben hätte. Ihm ging es um Lebensraum für das deutsche Volk, folglich führte er einen Eroberungs- und Ausbeutungskrieg, keinen Befreiungskrieg. Einzig die Verwendung Wlassows zu Propaganda- und Täuschungszwecken ließ er gelten, schreibt “Preussische Allgemeine Zeitung”.
Wlassows-Gegner in Gestapo und Propagandaministerium warnend vorbrachten: „Die Wlassow-Bewegung ist nicht nationalsozialistisch. Wichtig ist, dass eine Bekämpfung des Judentums nicht erfolgt, die Judenfrage überhaupt nicht als solche anerkannt wird.“ Himmler bezeichnete Wlassow als „Schwein“. Goebbels wiederum zeigte sich beeindruckt und beschrieb den „energischen Heerführer“ in seinem Tagebuch als „äußerst intelligent“.
Wlassows Unterstützung der deutschen Kriegsführung sollte nicht bedingungslos sein. Er erwartete im Gegenzug, dass eines neues, großes Russland Gelegenheit zur selbständigen Entwicklung erhielt. Diese Konzeption war angesichts der deutschen Grundhaltung vollkommen unrealistisch. Doch die deutschen Fronten mussten noch zusammenbrechen, bis Wlassow und seine deutschen Betreuer in der Spitze des NS-Staates Gehör fanden. „Sie werden sich erst an uns wenden, wenn sie ihren dummen Hochmut verlieren und um ihr Leben kämpfen“, hatte Wlassow schon im Herbst 1943 vorausgesagt.
Nikita Chruschtschow hat sich in seinen Memoiren über Wlassow wie folgt geäußert:
“Er erwies sich von Beginn an als resoluter und tüchtiger Befehlshaber. Seine Armee stellte er aus Einheiten zusammen, die an der Front zurückgewichen oder aus deutschen Umklammerungen ausgebrochen waren. Mit seiner Wahl hatten wir eine gute Entscheidung getroffen. Wlassow verlor nie die Nerven, wenn er unter Feuer geriet. Bei der Verteidigung Kiews legte er große Umsicht an den Tag und hinderte die Deutschen daran, Kiew mittels Frontalangriff einzunehmen. Schließlich fiel dieses doch, aber nicht weil Wlassow es nicht zäh verteidigt hätte, sondern weil die Deutschen östlich der Stadt Truppen massiert und ein Einkreisungsmanöver durchgeführt hatten.
Wlassow brach durch den Umzingelungsring und schlug sich zu Fuß zu unseren Linien durch, worauf Stalin anordnete, ihn nach Moskau einzufliegen. Ich meinte, im Hauptquartier verfüge man über belastendes Material gegen ihn und wolle ihn verhören. Später fanden wir heraus, daß man ihn nach Moskau geholt hatte, um ihm einen Orden zu verleihen. Stalin lobte ihn persönlich und ernannte ihn zum Kommandanten bei der Gegenoffensive, die wir bei Moskau gegen die Deutschen führten. Dabei zeichnete sich Wlassow abermals aus, worauf ihm Stalin die schwierige Aufgabe zuwies, den Waldai-Sektor unserer Front zu verteidigen.
Wiederum geriet Wlassow in eine feindliche Umklammerung, doch glückte ihm auch diesmal der Ausbruch, und er manövrierte sich zu unseren Linien durch. Stalin erwog sogar, ihn zum Oberbefehlshaber der Stalingrad-Front zu machen.
Ich erinnere mich, daß mir Stalin einst in Gegenwart von Zeugen sagte, wenn Wlassow verfügbar gewesen wäre, so hätte er ihm und nicht Jeremenko das Oberkommando über die im Raume Stalingrad stationierten Truppen erteilt.
Als Wlassow zum Verräter geworden war, rief mich Stalin an und erinnerte mich in bedeutungsschwerem Ton daran, daß ich ihn zum Befehlshaber der 37. Armee ernannt hatte. Als Antwort hielt ich ihm entgegen, daß niemand anderer als er selbst Wlassow das Kommando über die Gegenoffensive vor Moskau anvertraut und sogar vorgeschlagen hatte, ihm die Verteidigung von Stalingrad zu übertragen. Stalin ließ dieses Thema darauf fallen und brachte es nie wieder zur Sprache.
Natürlich war die Wlassow-Affäre ein herber Schlag – für mich wie auch für Stalin. Man konnte nur schwer verstehen, weshalb ein Mann, der soviel Hingabe, Tapferkeit und Tüchtigkeit an den Tag gelegt und sich dadurch unsere Achtung erworben hatte, sein Land verraten hatte. Wlassow muß einen sehr instabilen Charakter gehabt haben, daß er sich als Agent der Deutschen rekrutieren ließ. Man hatte ihn für einen Kommunisten gehalten, doch offenbar besaß er gar keine gefestigte Ideologie. Im Zivilleben war er Lehrer gewesen. Es scheint, daß er kein schlechter Kerl gewesen ist. In den ersten Kriegsjahren sah es wirklich so aus, als verhalte er sich der Sowjetmacht gegenüber loyal. Es kann natürlich sein, daß er bloß Söldnerinstinkten folgte, als er die Soldatenlaufbahn einschlug. Vielleicht hoffte er, eine komfortable Stellung als Parteifunktionär zu ergattern. Leider hatten wir in der Vergangenheit solche Karrieristen in unseren Reihen, und ich fürchte, heutzutage sind sie noch zahlreicher”.
Bei Kriegsende begaben sich Wlassow und die Soldaten seiner ROA (Russkaja oswoboditel’naja armija) in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft. Am 12. Mai 1945 verliß Wlassow in einer amerikanischen Wagenkolonne die böhmische Stadt Schlüsselburg, wo er Verhandlungen über die Zukunft seiner Truppen geführt hatte. Kurz nach der Abfahrt wurde der Konvoi von einer sowjetischen Patrouille gestoppt. Wlassow wurde zum Umsteigen in das sowjetische Fahrzeug gezwungen und weggeführt. Die Umstände der Gefangennahme Wlassows legen den Schluß nahe, daß er den Sowjets absichtlich in die Hände gespielt wurde.
Vom 25. Juli bis zum 1. August 1946 wurde in Moskau in einer geschlossenen Sitzung des Militarkollegiums des Obergerichtes UdSSR das Verfahren gegen Wlasow und andere Generale und Stabsoffiziere der Wlasow-Armee verhandelt. Andrej Wlassow, Georg Zhilenkov, Wassily Malyschkin, Födor Truchin, Iwan Blagoveschchenski, Dmitry Zakutnyj, Michael Meandrov, Victor Maltsev, Sergej Bunjaschenko, Georg Zverev, Wladimir Korbukov und Nikolai Schatov wurden des Verrats an der Heimat fur schuldig befunden. Sie alle handelten als Agenten der deutschen Aufklärung und waren an der Durchfuhrung von Spionage und Diversionsakten sowie an terroristischen Handlungen gegen die UdSSR beteiligt. Alle Angeklagten bekannten sich schuldig und wurden zum Tode durch den Strang verurteilt. In der Nacht zum 1.8.1946 wurde das Urteil vollstreckt.
Über die Hinrichtung fand sich in Moskauer Medien eine kurze Notiz. Fortan war der Name Wlassow für die sowjetischen Medien und die Geschichtsschreibung ein absolutes Tabu. Auch in Aufsätzen und Schriften über die Winterschlacht vor Moskau durfte sein Name nicht erwähnt werden, die 20. Armee schien keinen Kommandeur gehabt zu haben. Allenfalls tauchte der Name Wlassow mal hie und da in Berichten über die Bestrafung von Kriegsverbrechern auf, derer man habhaft geworden war: „Er diente bei Wlassow.“
Für Andrej Wlassow gibt es auch mehr als 70 Jahre nach der Hinrichtung keine Rehabilitierung. Am 1. November 2001 entschied das Militärkollegium des Obersten Gerichts der Russischen Föderation, dass seine Vorgängerinstitution den General und elf andere Führungspersönlichkeiten der Russischen Befreiungsarmee bzw. des Komitees zur Befreiung der Völker Russlands am 1. August 1946 zu Recht unter anderem wegen Vaterlandsverrats, Terror und Sabotage zum Tode verurteilt hatte. Allein ein früherer Anklagepunkt, wonach Wlassow sich auch der gegenrevolutionären Propaganda schuldig gemacht habe, wurde 2001 aufgrund der nun geltenden Rehabilitierungsgesetze aufgehoben. Im übrigen hatte Michail Gorbatschow, in dessen Amtszeit die ersten großflächigen Rehabilitierungen von Opfern der Stalinära fallen, sich noch im Mai 1990 veranlasst gesehen, dem hingerichteten Wlassow staatliche Anerkennungen aus der Zeit vor seiner Gefangenschaft abzuerkennen.
Gegen den Vorwurf, Andreij Wlassow habe Hochverrat verübt, verteidigt Alexander Solschenizyn den General mit dem Argument, in der russischen Reichsgeschichte habe es auch Zeiten gegeben, wo der innere Unterdrücker gefährlicher gewesen sei als der äußere Usurpator, so im 18. Jahrhundert, als in Petersburg Nichtrussen das Sagen hatten und eine Schwächung Rußlands betrieben. Solschenizyn: “Der innere Feind war zu gefährlich und bereits zu fest verwurzelt”.
Um ihn zu stürzen, bedurfte es Allianz mit einer äußeren Macht. Um Stalin zu stürzen – schlußfolgert Solschenizyn –, sei Wlassow gezwungen gewesen, ein Bündnis mit Deutschland einzugehen. “Sowjetische Publikationen über den Zweiten Weltkrieg haben im Laufe von fünfzig Jahren die fundamentale Tatsache verschwiegen, daß mehr als eine Million unserer Landsleute auf der Seite Deutschlands gekämpft haben«, liest man in der Einleitung. Man habe die Wlassow-Soldaten als Verräter verunglimpft und die Tatsache unterdrückt, daß es sich “um Patrioten gehandelt hat, die voller Leidenschaft den Versuch unternahmen, das Vaterland vom inneren Feind zu befreien, der ihrer Überzeugung nach um ein Vielfaches grausamer und gefährlicher war als der äußere Gegner”.
Als Sowjetbürger, erniedrigt und ausgebeutet, hatte man nach dem 22. Juni viele Gründe, auf die Seite der deutschen Soldaten überzutreten, so Solschenizyn. Aber für viele Russen bleibt Wlassow ein Verräter, der in der Stunde der höchsten Not zum Aggressor übergelaufen ist.
Die sowjetische Reaktion auf die deutsche „Aktion Wlassow“ war eindeutig. Vor dem Hintergrund des generellen Misstrauens der Moskauer Führung gegen alle sowjetischen Kriegsgefangenen wurden Wlassows Aktivisten als besonders niederträchtige Verräter betrachtet. Auf die Rote Armee wirkte eine starke Gegenpropaganda gegen die so genannten „Vlasovisten“ ein. Tatsächlich zeigten Rotarmisten im Kampf mit ihren ehemaligen Mitsoldaten manches Mal keine Gnade. “Das Wort ‘Wlassow-Mann’ klingt bei uns wie: ‘Unrat’, keiner mag es in den Mund nehmen, so als wäre der Klang an und für sich schon unappetitlich, und darum will es jeder tunlichst vermeiden, auch nur einen langen Satz mit dem verpönten Wort auszusprechen”, schrieb Solschenizyn im „Archipel GULAG“.
Solshenizyn behauptet in seinem Buch, der letzte Anstoß für Wlassows Überlaufen zu den Faschisten sei gewesen, dass er mit seiner Armee vom sowjetischen Oberkommando dem Schicksal überlassen worden sei. Dem widerspricht Marschall Wassilewski, der zu jener Zeit 1. Stellvertreter des Generalstabschefs war. In seinen Erinnerungen ist zu lesen, dass Stalin, um die Lage der 2. Stoßarmee sehr besorgt war. Das würden auch zahlreiche Direktiven beweisen. Uns schien – so der Marschall – das wir alle möglichen Vorkehrungen getroffen hatten, um die Eingeschlossenen zu retten.
Der Schriftsteller Georgi Wladimow schrieb in seinem Buch “Der General und seine Armee”, Wlassow hätte Moskau vor den Deutschen gerettet. Aber Wlassow stand an der Spitze der 20. Armee, die der Reserve angehörte und deshalb nicht die erste Geige bei der sowjetischen Gegenoffensive spielte. Deshalb ist es nicht ganz korrekt, von Wlassow als Retter Moskaus zu sprechen. Er war nur einer von vielen Kommandeuren. Moskau hatte die 16. Armee von General Rokossowski gerettet, die die deutsche Offensive stoppte. Auch General Georgi Schukow kann man als Moskaus Retter bezeichnen.
Ehemalige Soldaten und Kriegsschriftsteller wie Wladimir Bogomolow warfen Wladimow nicht nur vor, daß er den deutschen Panzergeneral Guderian mit Respekt und Sympathie gezeichnet hätte, sondern klagten ihn auch an, das Tabu um General Wlassow gebrochen sowie mit seiner Charakterisierung von Marschall Shukow, Armeegeneral Watutin und Kriegsratsmitglied Chrustschow die russische Kriegsgeschichtsschreibung in Frage gestellt zu haben, schreibt “Frankfurter Allgemeine Zeitung”.
Ilja Ehrenburg nannte den General nach einem Besuch, 1942: „einen interessanten, ehrgeizigen und mutigen Menschen“. Doch im Sommer 1942 mutierte dieser „mutige Mensch“ zu einem erbärmlichen Verräter an seiner Heimat, bedauert René Lindenau
„Personen, die schreiben, Wlassow sei keine einfache Figur und habe seine eigene Wahrheit gehabt, haben nicht selten PR-Kampagne und Unterstützung aus dem Ausland“, bemerkte Alexander Djukow, Direktor der Stiftung „Historisches Gedächtnis“. Wie er hinzufügte, muss Russland eine moralisch tadellose Position einnehmen. So bemerkte Michail Demurin, Direktor für wissenschaftliche Programme am Moskauer Institut für dynamischen Konservatismus, dass die traditionelle Auffassung der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs den Ergebnissen der Nürnberger Prozesse zugrunde lag, und diese bildeten die Grundlage der UN-Gesetzgebung. Die prinzipiellsten Aspekte der Geschichte des Zweiten Weltkriegs dürfen nicht durch die gegenwärtige politische Konjunktur Schaden erleiden, denn diese Konjunktur verändert sich je nach den Regierungen.
Für die Russen ist der Krieg auch nach mehr als 70 Jahren ein schier unerschöpfliches Thema. Putin kann es noch nicht wagen, General Andrej Wlassow und seine Helden als Vorbild zu nehmen, bedauern die deutschen Patrioten. Leider gibt es im Russischen ein Synonym für das Wort „Verräter“. Es lautet „Wlassow“. Es ist fraglich, ob sich allein aus dieser Perspektive die ganze Geschichte der russischen militärischen Kollaboration erzählen lässt. Das stalinistische System hat eine Rolle für Motive und Ausmaß der sowjetischen Kollaboration gespielt, widerspricht Dr. Andreas Hilger, Univesität Hamburg. Die Revolution, der Rote Terror, GULag, die Bauernabschlachtung – all dies mußte das russische Volk im 20. Jahrhundert erdulden…
So ist das Leben: Jeder für sich, Gott für uns Alle!