Sowohl die Zahl der Asylanträge in Deutschland als auch die Zahl illegaler Grenzübertritte auf dem Balkan steigen. Eine neue Balkanroute wird genutzt – auch die alten Routen sind weiter im Gebrauch.
Einem Bericht der „Passauer Neueste Presse“ nach, ist die Zahl der Asylanträge in Deutschland im Mai im Vergleich zu den Vormonaten gestiegen.
Bis Ende Mai hätten rund 78.000 Menschen Asyl in Deutschland beantragt, heißt es in dem Artikel, wobei sich die Zeitung auf Zahlen des Bundesinnenministeriums beruft. Ende April lag nach offiziellen Angaben die Zahl bei 63.972. Dies bedeute, dass im Mai rund 14.000 neue Asylanträge in Deutschland gestellt wurden. Im April waren es rund 13.000 und im Februar und März jeweils etwas mehr als 12.000.
Bundespolizei: 100 illegale Einwanderungen monatlich
Weiter heißt es, dass in diesem Jahr bis Mitte Juni 18.349 Asylsuchende in Deutschland aufgenommen wurden, die bereits in der europäischen Fingerabdruckdatei Eurodac erfasst waren.
Nach den geltenden Dublinregeln hätten diese Migranten ihr Asylverfahren in dem EU-Staat durchlaufen müssen, in dem sie registriert worden sind. Das sind genau die Migranten, die Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach seinem Asylplan künftig an der Grenze zurückweisen will.
Zudem stellte die Bundespolizei seit Januar 2017 monatlich im Schnitt rund 100 verbotene Fälle von Wiedereinreise zuvor abgeschobener Migranten fest. Das waren Migranten „gegen die ein nationales und/oder schengenweites Einreiseverbot bestand“, so die Bundespolizei. Das heißt, dass diese Personen bereits abgeschoben wurden und trotz Wiedereinreise-Verbot zurück nach Deutschland kamen.
Illegale Einwanderer dürfen erneut Schutzgesuch stellen
Wieviele von den durchschnittlich 100 Personen „dabei entgegen einer Wiedereinreise-Sperre aufgrund des ‚Dublinverfahrens‘ gehandelt haben“, wurde nicht statistisch erfasst, berichtet die „Bild“-Zeitung.
Das Blatt fragte bei der Bundespolizei nach, ob ein Wiedereingereister mit Einreisesperre ein Schutzgesuch stellen darf. Die Bundespolizei antwortete: „Das Einreise- und Aufenthaltsverbot stellt kein Hindernis für das Stellen eines Schutzgesuchs dar. Behördliche Folgemaßnahmen bleiben hiervon unberührt“.
Viele der Migranten kommen dabei über die neue Balkanroute, bei der zunehmend Bosnien/Herzegowina eine Schlüsselrolle spielen. Die neue Balkanroute aus der Sicht Deutschlands: Türkei-Griechenland-Albanien-Kosovo-Montenegro-Bosnien/Herzegowina-Kroatien (EU)-Slowenien (EU)-Österreich (EU)-Deutschland (EU).
Keine Ende der Migrantenkrise in Sicht
Die Grenzpolizei in Bosnien/Herzegowina registriere aktuell „täglich 100 bis 150 Migranten bei der unerlaubten Einreise“. Diese Zahl habe sich im Augenblick gegenüber 2017 „verzwölffacht“, zitiert die „Zeit“ aus einer Stellungnahme des Bundesinnenministeriums.
Die „Welt“ berichtet, dass laut dem Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 1. Januar 2018 bis zum 20. Mai bereits 4.373 Fälle illegaler Einreise in Deutschland registriert wurden. Im Jahr 2017 waren es insgesamt nur 755.
In den nordbosnischen Städten Bihac und Velika Kladusa, so das UNHCR, warteten derzeit etwa tausend Flüchtlinge und Migranten auf eine Chance, über Kroatien nach Slowenien weiter nach Norden zu gelangen.
Neue Fluchtroute von der Türkei über den Grenzfluss Evros nach Griechenland
Die UNHCR berichtet auch über eine erweiterte Fluchtroute, die über den türkischen Grenzfluss Evros nach Griechenland, Albanien und Montenegro bis nach Bosnien führt. Es sei ein gefährlicher Weg, auf dem schon mehrere Menschen ertrunken seien. Auch wird weiterhin die Fluchtroute über den Grenzfluss Kolpa zwischen Kroatien und Slowenien genutzt.
Wie die UNHCR meldete, halten sich in den nordbosnischen Städten Bihac und Velika Kladusa größere Migrantengruppen auf. Sie leben in alten Ruinen und in Zelten auf einem alten Kasernengelände, heißt es in einem Artikel der „Jungen Freiheit“. Dort würden sie auf den richtigen Zeitpunkt warten, um über die Berge nach Kroatien zu gelangen.
In den Wintermonaten war dies zu gefährlich, jetzt, wo es warm ist, ist ein Passieren der Bergpässe wieder möglich. Es bleibt aber gefährlich.
Migranten auf den Balkanrouten werden von Verwandten mit Infos zu den Zielländern versorgt
Tagsüber sind die Migranten im ganzen Stadtgebiet anzutreffen. Sie sitzen in Gruppen auf Bänken zusammen. Gegen Abend sieht man dann, wie sich in Parks Gruppen von jungen Männern treffen – schwer bepackt mit Rucksäcken. Das sind Gruppen, die sich entschlossen haben, über die Berge illegal nach Kroatien einzuwandern.
Der Bericht erzählt auch von einem 27-jährigen Pakistani, der sich in Bihac aufhält. Sein Bruder ist vor drei Jahren über die Balkanroute illegal nach Deutschland eingewandert und lebt seitdem in Köln. Der Pakistani berichtet, dass sein Bruder seit er in Köln lebt, regelmäßig Geld über Western Union nach Pakistan zur Familie schickt. Über die sozialen Netzwerke seien sie auch gut verbunden und wüssten gut über die Situation in Deutschland und in anderen EU-Ländern bescheid – über Wohlstand, Sozialhilfesätze und Wohnraumzuweisung – berichtet der junge Mann der JF. Seine Familie wollte, dass auch er nach Deutschland geht, denn die Familie ist groß.
Familien in den Heimatländern verfolgen politische Debatten in den EU-Ländern
„Mein Cousin muß operiert werden, meine Schwester möchte studieren, mein Vater hat keine Arbeit mehr“, sind Gründe die von Migranten in Bihac zu hören sind, wenn man fragt warum sie in die EU wollen. Viele von ihnen haben in ihren Heimatländern mitbekommen, wie plötzlich Geld von ihren Verwandten aus der EU ankam. So viel, dass es so manchen Monatslohn im Heimatland um einiges überstieg. Sie alle sind über soziale Medien eng verbunden, berichtet JF.
„Deutschland wird schwieriger“, berichtet der junge Pakistani. Die Migranten nutzen Information von Bekannten und Verwandten, die sie über Smartphone über aktuelle Debatten in den Zielländern genau informieren. So prüfen sie, ob sich ihre Chancen für einen Aufenthalt in den jeweiligen EU-Ländern verbessern oder verschlechtern, berichtet JF. Demnach stammen manche Migranten, die sich in Bihac aufhalten, sogar aus Bangladesch. (er)
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