Der Putin-Trump Helsinki-Gipfel: Die Aktion liegt in der Reaktion

Der Saker

Der Putin-Trump Helsinki-Gipfel: Die Aktion liegt in der Reaktion

 

Nachdem nun etwas mehr als eine Woche seit dem lange erwarteten Putin-Trump Helsinki Gipfel vergangen ist, hatte ich die Zeit, viele der Reaktionen und Kommentare zu lesen. Ich komme zu der paradoxen Schlussfolgerung, dass dieser Gipfel sowohl ein Nicht-Ereignis als auch ein wahrhaft historischer Wendepunkt war. Betrachten wir das Ereignis selbst und seine Folgen.

Der Gipfel an sich: Ein dringend benötigtes Nicht-Ereignis

Als Erstes muss man die Tatsache begrüßen, dass Putin und Trump miteinander gesprochen haben. Nicht so sehr, weil diese Tatsache an sich so großartig ist, sondern weil es eine immens gefährliche Situation ist, wenn die Führer der beiden militärischen (und nuklearen) Supermächte nicht miteinander reden. In den letzten Jahren wurden fast alle Kontakte zwischen russischen und amerikanischen Vertretern einseitig getrennt, natürlich alle von US-Seite. Die einzige Ausnahme von diesem quasi totalen Schweigen waren die laufenden Kontakte zwischen russischen und amerikanischen Militär- und Sicherheitsbeamten, was eine sehr gute Sache ist. Das reicht jedoch nicht aus, da weder Militär- noch Sicherheits/Geheimdienstmitarbeiter tatsächlich Politik machen sollten. Und wenn sie die einzigen sind, die miteinander reden, können zwei Dinge passieren: entweder a) sind diese Mitarbeiter stark in ihrer Entscheidungsbefugnis eingeschränkt, oder b) diese Mitarbeiter sind gezwungen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und beginnen damit, trotz ihrer fehlenden Befugnis Politik zu machen. Ein solcher Zustand ist an sich schon gefährlich (ganz zu schweigen davon, dass es undemokratisch ist). Dennoch ist die Tatsache, dass die beiden Präsidenten und ihre Berater miteinander gesprochen haben, eine dringend benötigte Entwicklung, die hoffentlich eine Rückkehr zu einem normalen, mehrstufigen Dialog zwischen Russland und den USA markieren wird.

Aber außer der Tatsache, dass Reden per Definition gut ist – was hat der Gipfel noch gebracht?

Absolut nichts. Überhaupt nichts.

Sicher, es gab eine Reihe von allgemeinen Aussagen über „positive Diskussionen“ und dergleichen, und einige Hinweise auf verschiedene Konflikte. Aber die Wahrheit ist, dass nichts Reales und Greifbares vereinbart wurde. Außerdem gab es, und das ist, glaube ich, absolut entscheidend, niemals die Chance, dass dieser Gipfel etwas erreichen würde. Warum? Weil die Russen schon vor langer Zeit zu dem Schluss gekommen sind, dass die US-Vertreter „nicht vertragsfähig“ sind. Sie haben recht – die USA sind mindestens seit Obama und Trump nur noch schlimmer geworden: Nicht nur, dass die USA jetzt den Iran-Deal (JCPOA) abgelehnt haben (illegalerweise, da dieser Plan vom UN-Sicherheitsrat gebilligt wurde), sondern weil Trump sogar von seiner wichtigsten Aussage, die er während des Gipfels gemacht hat, jämmerlich zurückgerudert ist, als er rückwirkend sein „Präsident Putin sagt, dass es nicht Russland war. Ich sehe keinen Grund, warum es so sein sollte“ in „ich sehe keinen Grund warum es Russland nicht sein sollte“ geändert hat. (So viel zum 5D-Schach!) Wenn Trump nicht einmal an seinen eigenen Worten festhalten kann, wie kann man dann erwarten, dass die Russen irgendetwas ernst nehmen was er sagt? Außerdem wissen die Russen seit den vielen mündlichen Versprechen des Westens, die NATO „nicht einen Zentimeter“ nach Osten auszudehnen, dass westliche Versprechen, Zusicherungen und andere Garantien wertlos sind, sei es in einem Gespräch versprochen oder in einem Papier festgehalten. Ja, die Russen haben sehr offen ihre Entrüstung nicht nur über den grundlegenden Mangel an Professionalität ihrer westlichen Kollegen zum Ausdruck gebracht, daher auch dieser Kommentar von Putin: „Es ist schwierig, einen Dialog mit Menschen zu führen, die Austria und Australien verwechseln.“ Es liegt auf der Hand, dass die Russen dem Gipfel zugestimmt haben obwohl sie genau wussten, dass nichts dabei herauskommen würde oder könnte. Deshalb haben sie bereits vor dem Treffen mit Trump damit begonnen, US-Staatsanleihen zu entsorgen. (Ein klares Zeichen dafür, wie der Kreml wirklich über Trump und die USA denkt)

Warum haben sie dann dem Treffen zugestimmt?

Weil sie die Konsequenzen dieses Treffens richtig eingeschätzt haben.

Die Folgen des Gipfels: einstimmiger Hass und Chaos

Dies ist sprichwörtlich jener Fall, wo die echte „Aktion in der Reaktion liegt“. Und in diesem Fall war die Reaktion des von Neokons geführten Tiefen US-Staats und seiner Propagandamaschine (die US-Konzernmedien) nichts weniger als totale und erbärmliche Hysterie. Ich könnte eine enorme Anzahl von Zitaten, Aussagen und Erklärungen auflisten, die Trump beschuldigen, ein Schwächling, ein Verräter, ein Ausverkäufer, ein Putin-Agent und alles andere zu sein. Aber ich habe die stärkste Illustration dieser hasserfüllten Hysterie in dieser Sammlung von Cartoons aus westlichen Konzernmedien gefunden, die Colonel Cassad auf seiner Seite veröffentlicht hat:

https://colonelcassad.livejournal.com/4330355.html

Ich werde sie hier nicht erneut posten, aber nehmt euch bitte die Zeit, sie anzuschauen und zu sehen, welche Art von Botschaft sie einhämmern. Die Botschaft wird aus verschiedenen Blickwinkeln und auf unterschiedliche Weise vermittelt, aber das verbindende Thema ist dieses: Trump ist unendlich böse, er hat die USA an den Teufel Putin verkauft, und alles, was dem amerikanischen Volk heilig ist und am Herzen liegt, ist jetzt in großer Gefahr. Ich habe Karikaturen immer gemocht und wie sie die Mächtigen missachten und lächerlich machen. Aber was wir heute sehen, ist kein Humor, keine Respektlosigkeit oder gar virulente Kritik. Was wir heute sehen ist eine Hasskampagne gegen Trump und Russland, wie sie die Welt meines Erachtens noch nie gesehen hat. Selbst im frühen 20. Jahrhundert, einschließlich der Jahre vor dem 2. Weltkrieg, als jede Menge Hass umging, hat es nie so einen einhelligen Hass gegeben wie wir ihn heute sehen. Außerdem wird nicht nur „die Person Trump“ oder „der Politiker Trump“ angegriffen, sondern ganz besonders „der Präsident Trump“. Bitte vergleicht die beiden folgenden Beispiele:

1. Die US-Kriege nach dem 11. September: Viele Menschen hatten große Vorbehalte gegen die Kriege gegen Afghanistan, den Irak und das ganze GWOT-Gedöns (Global War on Terror). Aber die meisten Amerikaner schienen mit dem Slogan „Wir unterstützen unsere Truppen“ einverstanden zu sein. Die Logik ging in etwa so: „wir mögen diese Kriege nicht, aber wir unterstützen unsere kämpfenden Männer und Frauen und die militärische Institution an sich.“ Während also eine bestimmte Politik kritisiert wurde, so wurde diese Kritik nie auf jene Institution angewandt, die sie umsetzte: die US-Streitkräfte.

2. Trump nach Helsinki: Denkt daran, dass Trump keinerlei Vereinbarung mit Putin getroffen hat, nicht eine. Und dennoch wird diese Politik ohne Vereinbarung mit Putin hysterisch als Ausverkauf kritisiert. Das wirft die Frage auf: Welche Art von Politik würde auf die Zustimmung des Tiefen US-Staats stoßen? Wenn Trump Putin eine in die Fresse hauen würde? Das ist völlig lächerlich, aber im Gegensatz zu den GWOT-Kriegen wird überhaupt nicht zwischen der Politik von Trump gegenüber Putin und Trump als Präsident der Vereinigten Staaten unterschieden. Man spricht sogar von Amtsenthebung, Verrat und „Kapitalverbrechen & Amtsvergehen“ oder dass der „KGB“ (der vor 27 Jahren aufgelöst wurde, aber was soll’s) bei der Wahl des US-Präsidenten seine Finger im Spiel hatte.

Womit es Trump heute zu tun hat ist keine Flut von Kritik, sondern ein echter Lynchmob! Und was wirklich beängstigend ist: fast niemand wagt es, diesen hysterischen Lynchmob als das anzuprangern, was er ist. Natürlich gibt es auch in den Medien einige Ausnahmen (ich denke an Tucker Carlson), aber diese Stimmen werden von den hasserfüllten Schreiern der großen Mehrheit der US-Politiker und Journalisten übertönt. Sogar solche vermeintlichen Anhänger von Präsident Trump wie Trey Gowdy, der sein ganzes Gewicht hinter den „Russland hat versucht, uns anzugreifen“-Unsinn wirft. Wer solche Freunde hat…

Was danach stattgefunden hat, ist ein Orwellscher „Zwei-Minuten-Hass“, der nun schon zwei Wochen andauert. Und ich sehe kein Anzeichen dafür, dass sich dieser Lynchmob beruhigt. Seit heute morgen nimmt die Hysterie sogar zu.

Das sind übrigens typische Neokon-Taktiken: den Einsatz verdoppeln, dann noch mal verdoppeln, dann Aussagen machen, die einen Rückzieher unmöglich machen, und dann alles so oft wie nötig wiederholen. Diese Strategie ist gegen einen mächtigen und prinzipientreuen Feind nutzlos, aber sie wirkt Wunder bei einem schwachen und rückgratlosen Gegner wie Trump. Das gilt insbesondere für US-Politiker und Journalisten, die längst zu Komplizen des Tiefen Staats geworden sind (insbesondere nach dem 11. September und dessen Vertuschung), und die nun unter keinen Umständen nachgeben oder Präsident Trump als normalen, regulären Präsidenten behandeln können. Die Anti-Trump Rhetorik ist viel zu weit gegangen, und die USA haben jetzt einen Punkt erreicht, an dem es meiner Meinung nach kein Zurück mehr gibt.

Eine Verfassungskrise braut sich zusammen: die Neokons gegen die „Bedauerlichen“

Ich glaube, dass die USA vor der schlimmsten Krise ihrer Geschichte stehen: Der rechtmäßig gewählte Präsident wird offen delegitimiert, und das wiederum bringt den Wahlprozess in Verruf, der ihn an die Macht gebracht hat, und das macht natürlich die „Bedauerlichen“ herunter, die es gewagt haben, für ihn zu stimmen: Die Mehrheit des amerikanischen Volkes. (Anm.d.Ü.: Um einer dämlichen Diskussion vorzubeugen: Die Mehrheit nach Wahlmännern)

Dieser Vorgang, der sich vor unseren Augen abspielt, spaltet die Menschen in den USA in zwei Hauptkategorien: Erstens die Neokons und jene, die von den US-Medien erfolgreich einer Hirnwäsche unterzogen wurden, und zweitens alle anderen. Diese zweite Gruppe ist übrigens sehr vielfältig und umfasst nicht nur gutgläubige Trump-Anhänger (von denen viele auch auf ihre eigene Weise zombifiziert wurden), sondern auch Paläokonservative, Liberalisten, Antikriegsaktivisten, (echte) Progressive und viele andere Gruppen. Ich schätze auch, dass viele Leute im Militär entsetzt zusehen, wie ihre Streitkräfte und ihr Land von den Neokonservativen und ihren Anhängern zerstört werden. Im Grunde genommen sind diejenigen, die „ich will mein Land zurück“ gerufen und gehofft haben, dass Trump das möglich machen würde, über das, was jetzt geschieht, entsetzt.

Ich denke, dass es sich hier um einen massiven und bewussten Angriff der Neokonservativen und ihres Tiefen Staats auf das politische System und das Volk der Vereinigten Staaten handelt. Insbesondere der Kongress macht sich jetzt auf so vielen Ebenen eines de facto Staatsstreichs gegen die Exekutive schuldig, es wird schwierig, das alles aufzuzählen (und viel davon ist womöglich vor der Öffentlichkeit verborgen), darunter die wiederholten Versuche, Trump an der Ausübung seiner konstitutionellen Befugnisse zu hindern, z.B. an Entscheidungen zu außenpolitischen Fragen. Ein perfektes Beispiel dafür ist Nancy Pelosis offizielles Statement über eine mögliche Einladung von Trump an Putin:

Die Vorstellung, dass Präsident Trump einen Tyrannen nach Washington einladen würde, ist unglaublich. Die anhaltenden Angriffe Putins auf unsere Wahlen und auf die westlichen Demokratien und seine illegalen Aktionen auf der Krim und in der übrigen Ukraine verdienen die scharfe und einmütige Verurteilung durch die internationale Gemeinschaft, und nicht ein VIP-Ticket in die Hauptstadt unseres Landes. Präsident Trumps furchtsame Schmeichelei vor Putin ist eine Peinlichkeit und eine ernste Bedrohung für unsere Demokratie. Es sollte eine parteiübergreifende Sitzung des Kongresses geben und Sprecher Ryan muss sofort klarstellen, dass es keine Einladung für einen Schurken wie Putin gibt – und niemals geben wird – um vor dem Kongress der Vereinigten Staaten zu sprechen.“

Ein weiteres Beispiel dafür ist die einstimmige Resolution 98-0 des US-Senats, in der der Widerstand des Kongresses gegen die US-Regierung zum Ausdruck gebracht wird, eine Befragung von US-Beamten durch Russland zu erlauben. Natürlich hat Trump sofort nachgegeben, obwohl er ursprünglich die Idee, sich an die Bestimmungen eines bestehenden Abkommens von 1999 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den USA und Russland für „fantastisch“ erklärt hatte. Die „Sprecherin“ des Weißen Hauses, Sarah Sanders, hat es noch besser gemacht und erklärt:

Das ist ein Vorschlag, den Präsident Putin aufrichtig gemacht hat, aber Präsident Trump ist andere Meinung. Hoffentlich wird Präsident Putin die 12 identifizierten Russen in die USA kommen lassen, um ihre Schuld oder Unschuld zu beweisen.“

Da rede noch einer von imperialem Größenwahn! Die USA lassen nicht zu, dass irgendjemand von den Russen befragt wird, aber sie wollen, dass Putin russische Bürger ausliefert. Verblüffend.

Was Nancy Pelosi betrifft, so ist ihr letzter Tweet heute alles andere als subtil:

Jeden Tag frage ich mich: Was haben die Russen über @realDonaldTrump, persönlich, finanziell und politisch? Die Antwort auf diese Frage ist die einzige Sache, die sein Verhalten und seine Weigerung erklärt, sich gegen Putin zu stellen. #ABetterDeal“

Ziemlich klar, oder? „Trump ist ein Verräter und wir müssen ihn aufhalten.“

Inzwischen gibt es überwältigende Beweise dafür, dass seit dem ersten Tag der Präsidentschaft von Trump ein schleichender Neokon-Staatsstreich im Gange ist und dass die Neokons bei weitem nicht damit zufrieden sind, dass sie Trump gebrochen und praktisch die Macht im Weißen Haus übernommen haben. Anscheinend wollen sie das auch von Rechts wegen. Die eigentliche Frage lautet: Gibt es in den USA Kräfte, die die Neokonservativen daran hindern können, komplett die Macht zu übernehmen, und wenn ja, wie könnte sich eine patriotische Reaktion auf diesen Putsch der Neokons manifestieren? Ich weiß es ehrlich nicht, aber ich habe das Gefühl, dass wir bald einen „Präsident Pence“ im Oval Office haben könnten. Auf die eine oder andere Weise braut sich eine Verfassungskrise zusammen.

Was sind dabei die russischen Interessen?

Ich habe es schon oft gesagt: Russland und das AngloZionistische Imperium (im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten als Land) befinden sich im Krieg. Einem Krieg, der zu etwa 80% informativ, zu 15% wirtschaftlich und nur zu 5% „kinetisch“ ist. Dies ist dennoch ein sehr realer Krieg, und es ist ein Krieg ums Überleben, nur weil das Imperium nicht zulassen kann, dass ein großes Land auf dem Planeten wirklich souverän ist. Daher stellt das AngloZionistische Imperium nicht nur eine existentielle Bedrohung für Russland dar, sondern auch eine existentielle Bedrohung für das Imperium. In einem solchen Überlebenskampf ist kein Platz für ein Nullsummenspiel, und was gut für Russland ist, ist schlecht für die USA und umgekehrt. Die Russen, einschließlich Putin, wollten dieses Nullsummenspiel nie, es wurde ihnen von den AngloZionisten aufgezwungen. Aber jetzt, da sie dazu gezwungen wurden, werden sie es so hart wie möglich spielen. Es ist daher nur folgerichtig, dass die massiven systemischen Krisen, in die die Neokons und ihre verrückte Politik die USA gestürzt haben, zum Vorteil Russlands sind. Sicherlich wäre es ideal, wenn Russland und die USA (im Gegensatz zum AngloZionistischen Imperium) gemeinsam an der sehr langen Liste von Themen arbeiten würden, bei denen sie gemeinsame Interessen haben. Aber die die Neokons die Macht übernommen haben und für ihre imperialen Pläne die USA opfern, wird das einfach nicht passieren, und die Russen verstehen das. Da die USA die größte Machtkomponente des AngloZionistischen Imperiums darstellen, schwächt alles, was die USA schwächt, auch das Imperium. Und alles, was das Imperium schwächt, ist für Russland vorteilhaft (die logische Folge dieser Situation ist übrigens, dass das Volk der USA und das Volk Russlands den gleichen Feind haben – die Neokons – und das macht sie quasi zu Verbündeten).

Ich habe hier nicht die Absicht, darüber zu diskutieren, wie die Neokonservativen in den USA an die Macht gekommen sind. Ich will nur so viel sagen, dass die wahnhafte Politik der verschiedenen US-Regierungen seit mindestens 1993 (und noch mehr seit 2001) für die Vereinigten Staaten katastrophal war und als ein lang anhaltender Fall von imperialer Überheblichkeit bezeichnet werden könnte (um den Titel von Michael Scheuers exzellentem Buch von 2004 zu verwenden). Hier sind einige der Konsequenzen:

1. So etwas wie „US-Diplomatie“ gibt es nicht mehr (die Zeiten von James Baker oder gar George Schultz sind längst vorbei!). Alles, was die sogenannten „US-Diplomaten“ tun, sind Ultimaten, Sanktionen, Menschenrechts-“Bilanzen“, Listen von „Terror-Sponsoring-Ländern“ usw. aufzustellen. Schlimmer noch, alle Arten von Verhandlungen werden jetzt als Zeichen von Schwäche oder, schlimmer noch, Verrat ausgelegt. Die US-Politiker reden sich ein, dass man nur mit Freunden und Verbündeten verhandeln sollte, aber die Wahrheit ist, dass die USA keine Freunde und Verbündete haben – sondern nur Kolonien, Protektorate, Marionettenregime und andere gekaufte Vasallenstaaten. Die USA geben ihnen Befehle, was sich sehr von Verhandlungen unterscheidet, was die Suche nach einem Kompromiss zwischen in etwa gleichberechtigten Parteien beinhaltet.

2. Die US-“Geheimdienstgemeinde“ ist zu einem Instrument für kleinliche politische Interessen geworden und auf den höchsten Ebenen dieser Gemeinde fehlen eindeutig kompetente Analysten und Außenpolitiker (Dimitry Orlov hat gerade einen guten Artikel zu diesem Thema geschrieben: https://www.theblogcat.de/uebersetzungen/us-intelligence/ ).

3. Die lange Reihe von verlorenen Kriegen und außenpolitischen Katastrophen sind eine direkte Folge dieses Mangels an Fachwissen. Was heute als „Expertise“ gilt, ist im Grunde eine hasserfüllte Übertreibung und kriegstreiberische Hysterie. Daher die Inflation an paranoider antirussischer Rhetorik. Die US-Streitkräfte sind nur in drei Dingen gut: immense Geldsummen zu verschwenden, Länder zu zerstören und den Rest des Planeten zu entfremden. Sie sind immer noch die teuersten und aufgeblähtesten Streitkräfte der Welt, aber niemand fürchtet sie mehr (nicht einmal relativ kleine Staaten, ganz zu schweigen von Russland oder China). In technologischer Hinsicht haben die Russen (und in etwas geringerem Ausmaß auch die Chinesen) asymmetrische Antworten auf alle wichtigen Streitkräfteplanungsprogramme des Pentagon gefunden und die frühere Überlegenheit der USA in der Luft, an Land und auf See gehört nun der Vergangenheit an. Was die Nuklear-Triade der USA betrifft, so ist sie immer noch in der Lage, ihren Auftrag zu erfüllen, aber sie ist als Instrument der Außenpolitik oder zur Bekämpfung Russlands oder Chinas nutzlos (es sei denn, es wird Selbstmord in Betracht gezogen).

(Nebenbemerkung: Diese Unfähigkeit des US-Militärs, die gewünschten politischen Ziele zu erreichen, könnte erklären, warum die USA zumindest bisher offenbar die Reconquista Syriens aufgegeben haben oder warum die Ukronazis es nicht gewagt haben, den Donbass anzugreifen. Natürlich ist es noch zu früh um dies zu sagen und der Schleuderkurs könnte noch weitergehen, vor allem im Zusammenhang mit der politischen Krise in den USA. Aber es scheint, dass in den Fällen DPRK, Iran, Syrien und Ukraine von Seiten der angeblich einzigen „Hypermacht“ des Planeten viel gebellt, aber nicht zugebissen wird.)

4. Die USA befinden sich jetzt nicht nur mit dem Iran oder Russland zeitgleich in einem Konflikt, sondern auch mit der EU und China. Tatsächlich sind sogar die Beziehungen zu Vasallenstaaten wie Kanada oder Frankreich schlechter als je zuvor. Nur die prostituierten Führer des „neuen Europas“, um einen Begriff Rumsfelds zu verwenden, geben noch immer Lippenbekenntnisse zur „amerikanischen Führung“ ab, und das nur, weil sie dafür bezahlt werden.

5. Die amerikanischen „Eliten“ und die verschiedenen Interessengruppen, die sie vertreten, gehen nun gegenseitig aufeinander los, was ein deutliches Zeichen dafür ist, dass sich das gesamte System in einer tiefen Krise befindet: Als es gut lief, da bekam jeder was er wollte und es gab keine sichtbaren Auseinandersetzungen untereinander.

6. Die Israel-Lobby hat sich nun den Kongress, das Weiße Haus und die Medien vollständig für ihre Likudnik-Agenda untergeordnet. Als direkte Folge daraus haben die USA alle ihre Positionen im Nahen Osten verloren und der Chor derjenigen, die den Mut haben, diese zionistische Besatzungsregierung anzuprangern, wächst langsam aber stetig (zumindest im Internet). Selbst US-Juden haben die Nase gestrichen voll von dem jetzt offen israelischen Apartheidstaat

http://www.moonofalabama.org/2018/07/israel-declares-itself-apartheid-state.html

https://www.theguardian.com/world/2018/may/16/israel-palestine-protests-american-jewish-groups

7. Durch den Rückzug aus einer langen Liste wichtiger internationaler Verträge ud Gremien (TPP, Kyoto-Protokoll, START, ABM, JCPOA, UNESCO, UN-Menschenrechtsrat, etc.) haben sich die Vereinigten Staaten vollständig vom Rest der Welt isoliert. Die ironische Wahrheit ist, dass Russland nicht im Geringsten isoliert wurde, sondern dass sich die USA selbst vom Rest des Planeten isoliert haben.

Im Gegensatz dazu nutzen die Russen jeden einzelnen Fehler der USA – sei es die Flugzeugträger-zentrierte Marine, die bedingungslose Unterstützung Israels oder die gleichzeitigen Handelskriege mit China und der EU. Die jüngste Enthüllung neuer und revolutionärer russischer Waffensysteme ist viel mehr als nur der Einsatz neuer militärischer Systeme und Technologien: Russland profitiert vom Fehlen einer echten US-Außenpolitik, um seine eigenen Interessen im Nahen Osten und anderswo zu vertreten. Nehmen wir nur das allerneueste Beispiel einer selbstverschuldeten PR-Katastrophe in den USA – den folgenden Tweet von Trump (Großbuchstaben im Original):

An den iranischen Präsidenten: BEDROHEN SIE NIEMALS, NIEMALS WIEDER DIE VEREINIGTEN STAATEN, ODER SIE WERDEN KONSEQUENZEN ERLEIDEN, WIE SIE NUR WENIGE IN DER GESCHICHTE JEMALS ZUVOR ERLITTEN HABEN. WIR SIND NICHT LÄNGER EIN LAND, DAS IHRE VERRÜCKTEN WORTE VON GEWALT UND TOD DULDET. SEIEN SIE VORSICHTIG!

Diese infantilen (klingt er nicht wie ein Sechsjähriger?) und offen gesagt ziemlich verrückten Versuche, (ausgerechnet!) die Iraner zu erschrecken, haben genau das Gegenteil von dem erreicht, was vermutlich angestrebt wird: Die iranischen Führer kichern vielleicht vor Ekel oder halten sich den Bauch vor lauter Lachen, aber sie werden nicht beeindruckt sein. Die sogenannten „alliierten“ der USA werden sich im Extremfall dafür schämen, von einem so primitiven Individuum „geführt“ zu werden, auch wenn sie das nicht öffentlich sagen. Was die Russen angeht, die werden gerne alle Möglichkeiten ausloten, die ihnen ein so ungebildetes und selbstzerstörerisches Verhalten bietet.

Erste Schlussfolgerung: Ein nützlicher Gipfel für Russland

Als unmittelbare Folge des Gipfels von Helsinki hat sich der Kampf der herrschenden Klassen in den USA untereinander verschärft. Angesichts einer Flut von hasserfüllten Angriffen tat Trump das, was er immer macht: Er versuchte, seine Kritiker zu beruhigen, indem er in ihre Rhetorik einstimmte und gleichzeitig versucht, „hart“ zu wirken – daher sein neuestes „Ich bin ein harter Hund mit einem großen Roten Knopf“-Getöse gegen den Iran (mit der DPRK hat er genau das gleiche gemacht). Wahrscheinlich werden wir nie herausfinden, was genau Trump und Putin bei ihrem privaten Treffen besprochen haben, aber eines ist sicher: Die Tatsache, dass Trump mit Putin ohne jegliche „Aufsicht“ durch seine Mentoren aus dem Tiefen Staat zusammensaß, hat ausgereicht, um in der herrschenden Klasse der USA ein totale Panik auszulösen, die zu noch mehr Gejammer über Kollusion, Amtsenthebung, Kapitalverbrechen & Amtsvergehen und sogar Verrat geführt hat. Auch hier ist das Ziel klar: Trump muss weg.

Aus russischer Sicht spielt es keine Rolle, ob Trump aus dem Amt entfernt wird oder nicht – das Problem liegt nicht in der Persönlichkeit, sondern in der Natur des AngloZionistischen Imperiums. Die Russen haben einfach nicht die Mittel, das Imperium zu stürzen. Aber die Kämpfe der US-Eliten können das erreichen, und wenn nicht, dann wird die gegenwärtige Krise die USA weiter schwächen. Daher die russische Bereitschaft zur Teilnahme am Gipfel, selbst wenn dieser Gipfel absolut keine greifbaren Resultate geliefert hat: Die Aktion lag in der Reaktion.

Zweite Schlussfolgerung: Die Aktionen der Clinton-Bande können zu einer echten Katastrophe für die USA führen

Trumps Hauptziel beim Treffen mit Putin war vermutlich, herauszufinden, ob es einen Weg gibt, die russisch-chinesische strategische Partnerschaft zu spalten und die israelischen Forderungen zu Syrien zu unterstützen. Zum Thema China hatte Trump nie eine Chance, da die USA Russland wirklich nichts zu bieten haben (Während China und Russland jetzt in eine lebenswichtige Symbiose verstrickt sind). In Bezug auf Syrien verhandeln die Russen und die Israelis jetzt über die Einzelheiten eines Abkommens, das der syrischen Regierung die Kontrolle über die Demarkationslinie mit Israel geben würde (das ist keine Grenze im rechtlichen Sinn), und die Unterstützung von Trump für Israel wird keinen Unterschied machen. Was den Iran anbetrifft, so werden die Russen die Agenda der USA aus vielerlei Gründen nicht unterstützen, das reicht von grundlegenden Eigeninteressen bis hin zur Achtung des Völkerrechts. Während Trump also das Richtige tat, sich mit Putin zu treffen, so war es zumindest unter den gegenwärtigen Umständen vorhersehbar, dass er nicht mit greifbaren Ergebnissen zurückkommen würde.

Bei all seinen echten Schwächen kann man Trump nicht für die gegenwärtige Lage verantwortlich machen. Die wahren Schuldigen sind die Clinton-Gang und die Demokratische Partei, die durch ihr völlig unverantwortliches Verhalten eine sehr gefährliche Krise für die Vereinigten Staaten geschaffen haben: Die Neokons und die Clinton-Gang sind bereit, alles zu sagen, egal wie destabilisierend, um Trump zu schaden, selbst wenn dadurch das politische System der USA in Gefahr gerät. Außerdem haben die Neokons nun die Unschuldsvermutung komplett umgedreht – sowohl nach außen (russischer Angriff auf die US-Wahlen) als auch im Inneren (Trumps „Verschwörung“ mit Putin). Was Trump angeht, was auch immer seine guten Absichten gewesen sein mögen, er ist schwach und kann den gesamten Tiefen Staat der USA nicht allein bekämpfen. Die Neokons und der Tiefe Staat befinden sich nun auf Kollisionskurs mit Russland und dem Volk der Vereinigten Staaten, und während Russland die Mittel hat, sich vor dem Imperium zu schützen, ist mit unklar, wer oder was die Neokons daran hindern könnte, die USA weiter zu schädigen. Tiefe und systemische Krisen führen oft dazu, dass neue Persönlichkeiten auf die Bühne kommen, aber im Fall der USA ist jetzt unbestreitbar, dass das System sich nicht selbst reformieren kann und dass, wenn eine Persönlichkeit versucht, es zu reformieren, das System mit bösartiger Macht zurückschlägt.

Je nach Kontext kann das Wort „Katastrophe“ eine der folgenden Bedeutungen haben: jedes große und katastrophale Ereignis von großer Bedeutung, eine Katastrophe jenseits aller Erwartungen, ein dramatisches Ereignis, das die Auflösung einer Handlung einleitet oder eine Weggabelung, bei der ein System zwischen zwei stabilen Zuständen wechselt.

Im Zusammenhang mit den USA gelten alle diese Definitionen. Ob im Guten oder im Schlechten, das wahrscheinlichste Ergebnis der aktuellen Krise wird irgendein politischer Regimewechsel sein.

Quelle: https://www.theblogcat.de/uebersetzungen/saker-26-07-2018/

Der Saker  4. August 2018
Rubrik: Global/Globalisierung/NWO

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