Die Atomkriegsübung der Bundeswehr

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Die Bundeswehr führt ihr jährliches Nuklearmanöver durch. US-Umstellung auf „Mini-Nukes“ erhöht Atomkriegsgefahr.

 

Die Bundeswehr hat laut Berichten ihre diesjährige Atomkriegsübung begonnen. Demnach trainiert in dieser Woche die Luftwaffe im Rahmen des Manövers „Steadfast Noon“ die Abläufe, die durchgeführt werden müssen, wenn deutsche Piloten im Rahmen der sogenannten Nuklearen Teilhabe US-Atombomben abwerfen. „Steadfast Noon“ findet jedes Jahr im Herbst statt. Dieses Jahr ist unter anderem der Fliegerhorst Nörvenich unweit Köln eingebunden, der als Ausweichstandort für die 20 auf dem Fliegerhorst Büchel (Eifel) eingelagerten US-Atombomben vorgesehen ist. In Büchel findet gleichzeitig ein zweites Manöver statt, bei dem es darum geht, „wichtige Infrastruktur vor Bedrohungen aus der Luft zu schützen“. Sowohl die dortigen Kernwaffen wie auch die Kampfjets, die sie abwerfen können, sollen für Milliardensummen modernisiert werden; die neuen Atombomben vom Typ B61-12 können zudem mit geringerer Sprengkraft eingesetzt werden, was die Hemmschwelle zum Nuklearkrieg senkt. Berichten zufolge ist in NATO-Dokumenten von „nuklearen Erstschlägen“ die Rede.

Steadfast Noon

Manöver der Serie „Steadfast Noon“ werden jedes Jahr üblicherweise im Oktober durchgeführt. Ziel ist es, die sogenannte „nukleare Teilhabe“ zu trainieren. Diese sieht vor, dass deutsche Piloten mit deutschen Kampfjets bei Bedarf US-Atombomben an ihr Einsatzziel transportieren und sie dort abwerfen. Dazu sind rund 20 US-Atombomben auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel stationiert. Im Rahmen von „Steadfast Noon“ übt die Bundeswehr regelmäßig den Transport der Bomben aus den unterirdischen Lagern zu den Kampfjets und ihre Anbringung an diesen. Manöverflüge werden freilich ohne die Bomben realisiert. Die Manöver werden offiziell strikt geheimgehalten; allerdings wird die Tatsache, dass sie stattfinden, zuweilen nach Beginn gezielt an die Medienöffentlichkeit durchgestochen. Dies war auch gestern der Fall, als berichtet wurde, „in dieser Woche“ habe „‚Steadfast Noon‘ begonnen“. Demnach ist dieses Jahr auch der Fliegerhorst Nörvenich südwestlich von Köln Schauplatz des Manövers.[1] In Nörvenich ist ein Lagerungssystem für die US-Bomben vorhanden; es ist, soweit bekannt, gegenwärtig nicht bestückt, dient aber für den Ernstfall als Ausweichstandort für die Bomben aus Büchel.

Die Nukleare Teilhabe

Dem Bericht zufolge sind an „Steadfast Noon“ in diesem Jahr auch belgische, niederländische und italienische Kampfjets beteiligt.[2] Laut Angaben der Bundeswehr ist seit dem 28. September „die italienische Luftwaffe mit zehn Luftfahrzeugen“ in Nörvenich präsent und wird das noch bis zum morgigen Donnerstag sein.[3] Die internationale Beteiligung ist auch insofern von Interesse, als je 20 US-Atombomben, wie es in Fachkreisen heißt, außer in Büchel auch auf Militärflugplätzen in Belgien (Kleine Brogel), in den Niederlanden (Volkel) und in Italien (Ghedi, Aviano) stationiert sind.[4] 50 US-Atombomben sollen zudem auf der Luftwaffenbasis İncirlik in der Türkei gelagert sein; dies führt seit geraumer Zeit aufgrund der Spannungen mit Ankara zu heftigen Diskussionen. Im vergangenen Jahr wurde „Steadfast Noon“ vom 14. bis zum 18. Oktober an den Standorten Büchel und Kleine Brogel durchgeführt. In Büchel findet dieses Jahr parallel zu „Steadfast Noon“ das Manöver „Resilient Guard 2020“ statt. Dabei trainieren zwei Flugabwehrraketengruppen der Bundeswehr, „wichtige Infrastruktur vor Bedrohungen aus der Luft zu schützen“ – ein Hinweis darauf, dass die US-Bombenlager im Kriegsfall ein mögliches Ziel feindlicher Streitkräfte sind.[5] Bei „Resilient Guard“ wird unter anderem mit dem Luftabwehrsystem Patriot geübt.

Milliardenschwere Modernisierung

Weit davon entfernt, nukleare Abrüstung anzustreben, bereiten die Regierungen in Berlin und in Washington seit geraumer Zeit die Modernisierung des in Büchel eingelagerten Atomarsenals vor. Das gilt nicht nur für die deutschen Kampfjets, die die Bomben transportieren und abwerfen sollen. Die „Tornados“, die in Büchel bereitgehalten werden, veralten zusehends und müssen, soll die Nukleare Teilhabe weiter aufrechterhalten werden, durch neue Kampfjets ersetzt werden. Dazu ist die Beschaffung von US-amerikanischen F-18 (Boeing) geplant.[6] Experten beziffern die Kosten „selbst nach einer konservativen Schätzung“ auf „zwischen 7,7 und 8,8 Milliarden Euro“.[7] Darüber hinaus will Washington die alten Atombomben des Typs B61 durch neue vom Typ B61-12 ersetzen. Diese sind nicht nur – angeblich präzise – lenkbar; man kann außerdem ihre Sprengkraft variieren. Das bedeutet, dass sie mit vergleichsweise niedriger Sprengwirkung eingesetzt werden können – beispielsweise, um tiefliegende Bunker zu zerstören. Das Argument, sie hätten einen vergleichsweise geringen nuklearen Fallout, droht die Hemmschwelle zum Nuklearkrieg erheblich zu senken.

Die US-Nuklearstrategie

Dies ist auch deshalb von Bedeutung, weil die aktuelle, am 2. Februar 2018 veröffentlichte US-Nuklearstrategie („Nuclear Posture Review“) die Fähigkeit zum Führen eines angeblich begrenzten Nuklearkriegs mit Atombomben von vergleichsweise niedriger Sprengkraft verlangt. Dabei geht es darum, Kernwaffen auf regionalen Schlachtfeldern einzusetzen, aber nicht zu einem umfassenden Vernichtungsschlag auszuholen. Offiziell soll diese Fähigkeit lediglich der Abschreckung dienen: Man wolle etwa Russland oder China den Verzicht auf einen „begrenzten“ Atomschlag nahelegen, heißt es. Dafür, dass sich die USA ihrerseits im Kriegsfall lediglich auf Abschreckung beschränken würde, gibt es allerdings – das betonen Kritiker [8] – keinerlei Gewähr.

„Nukleare Erstschläge“

Wie es heißt, hat die NATO ihre Vorbereitungen auf einen möglichen Atomkrieg ebenfalls jüngst intensiviert. Das hat im Juni ein deutscher Auslandskorrespondent berichtet, der in Brüssel tätig ist und als dort bestens vernetzt gelten kann. Demnach hätten die NATO-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel im Juli 2018 ein „als geheim eingestuftes Dokument“ zur Kenntnis genommen, das „erstmals“ konstatiert habe, „konventionelle Verteidigung und nukleare Abschreckung“ seien nicht mehr, „wie bisher in der Nato üblich“, voneinander zu trennen; man müsse künftig „beides gemeinsam“ bedenken.[9] Weiter heißt es, die NATO-Verteidigungsminister hätten auf ihrem Treffen Mitte Juni 2020 einem weiteren „streng geheim[en]“ Papier zugestimmt, das vom NATO-Oberbefehlshaber in Europa (Supreme Allied Commander Europe, Saceur), US-General Tod D. Walters, erstellt worden sei und sich gegen Bedrohungen im gesamten Operationsraum – zu Lande, zu Wasser, in der Luft, im Cyber- und im Weltraum – wende: mit allen „defensiven und offensiven Fähigkeiten“ der NATO „von der Raketenabwehr bis zu nuklearen Erstschlägen“. Zudem behalte sich das Bündnis vor, konventionell bestückte Mittelstreckenraketen in Europa zu stationieren; sie könnten bei Bedarf jederzeit „nuklear aufgerüstet werden“.

[1], [2] Deutsche Luftwaffe trainiert offenbar den Atomkrieg. t-online.de 13.10.2020.

[3] Gastflugbetrieb. bundeswehr.de 25.09.2020.

[4] Geheime Atomwaffenübung „Steadfast Noon“. bundeswehr-journal.de 21.10.2019.

[5] Resilient Guard 2020. bundeswehr.de.

[6] S. dazu Kampfjets statt Masken.

[7] Ildiko Mannsperger: Milliarden für Atombomber. greenpeace.de 29.07.2020.

[8] John Mecklin: Mini-nukes: Still a horrible and dangerous idea. thebulletin.org 19.09.2018. S. dazu Die Mär vom „begrenzten Nuklearkrieg“ in Europa.

[9] Thomas Gutschker: Die Nato kann früher mit Atomschlägen drohen. Frankfurter Allgemeine Zeitung 18.06.2020.

Quelle: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8410/

19. Oktober 2020
Rubrik: Global/Globalisierung/NWO

2 Gedanken zu „Die Atomkriegsübung der Bundeswehr“

  1. Ales das um den einzigen gegner(selbstgemachten gegner) zu vernichten. Das heißt man würde Völkermord an Rusland absichtlich und bewußt verüben. Zu vivielten mal in der Geschichte Rusland. Dan wundert ihr euch warum Rusland aufrüsten. Die gedanje alleine, soviel Geld zu investieren in Wafen die ganze Völker vernichten, aber wenig um Frieden zu schafen ist Faschistisch.

    1. Anstatt einer Allianz mit Russland einzugehen ist Deutschland nicht einfach nur ein Teil des kollektiv erzeugten Drucks auf Russland, sondern tritt als Anführer und Koordinator der Sanktionspolitik gegen Russland in der Europäischen Union auf. Das geht auf die These von Zbigniew Brzeziński über die Neue Weltordnung zurück, der meinte, dass die Vereinigten Staaten, als „erste, einzige wirkliche und letzte Weltmacht“ nach dem Zerfall der Sowjetunion, müssen ihre Vorherrschaft auf dem „großen Schachbrett“ Eurasien kurz- und mittelfristig sichern, um so langfristig eine neue Weltordnung zu ermöglichen.
      Eigentlich schade, denn eine Allianz Deutschlands mit Russland würde die zwischenstaatlichen Beziehungen einfacher machen.

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