Wenn der Sozialismus nicht mehr weiterhilft, müssen die Investmentbanker ran: Die linkspopulistische griechische Regierung, traditionell stark mit antikapitalistischen Parolen, hat prominente Kapitalisten als Helfer im Schuldenkampf verpflichtet: Ministerpräsident Alexis Tsipras geht mit Beratern der Investmentbank Rothschild auf Roadshow zu aktuellen und potentiellen Geldgebern.
Wie die französische Bank gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung bestätigt, habe sie ein Mandat der griechischen Regierung als „financial advisor“. Über konkrete Aufgaben und Tätigkeiten hüllt sich Rothschild in Schweigen. Das Mandat ist heikel. Andere Investmentbanken haben sich mit den Griechen die Finger verbrannt.
So büßte die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs noch Jahre später dafür, dass sie den Griechen geholfen hatte, sich in die Währungsunion zu schummeln. Um die Beitrittskriterien wenigstens auf dem Papier zu erfüllen, wurden damals sogenannte Währungsswaps genutzt. In den Jahren von 1998 bis 2000 arrangierte Goldman zwölf solcher Transaktionen für Athen, zum Lohn von angeblich 300 Millionen Dollar. Als schließlich nicht mehr zu verschleiern war, dass die Wirtschaftskraft Griechenlands und die Europäische Währungsunion nicht recht zusammen passen, waren wieder Investmentbanker gefordert: Im Schuldenschnitt des Jahres 2012 hat das Bankhaus Lazard die Griechen beraten, auch Kurzzeit-Finanzminister und Politentertainer Giannis Varoufakis vertraute auf dessen Hilfe.
Roadshow in Berlin
Nun also schlägt die Stunde von Rothschild, einer der renommiertesten Investmentbanken der Welt, gegründet von Mayer Amschel Rothschild (1744–1812) vor mehr als 250 Jahren in Frankfurt. Die Bank orchestriert die Verhandlungen mit den Gläubigern und sondiert die Rückkehr des Landes an die Finanzmärkte. Wie immer, arbeiten die Investmentbanker nicht umsonst: Es locken Millionen an Boni im Erfolgsfall, wenn die Schulden geklärt sind.
Dazu ist einige Anstrengung nötig, im Moment steuert die Sache der Entscheidung entgegen. Ende August läuft das dritte Hilfsprogramm (in Höhe von 86 Milliarden Euro) für Griechenland aus. Bis Ende Juni muss die Eurogruppe mit dem Internationalen Währungsfonds eine Lösung gefunden haben, wie es danach weitergeht; ob den Griechen ein Teil der Schulden erlassen wird und woher die nächsten Milliarden fließen. Ein gängiger Mechanismus wäre es, die Zinsen zu stunden und/oder die Tilgungszeit zu verlängern. Die Kreditgeber, also die Euro-Retter, hatten das im Jahr 2016 angedeutet, falls die Lage sich bessert, Griechenlands Regierung Reformen durchzieht, die ökonomischen Daten nach oben zeigen.
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Um exakt diese Fragen geht es jetzt bei den vielen Treffen und Terminen, auch bei der Eurogruppen-Tagung zum Wochenausgang in Sofia, der ersten mit dem neuen deutschen Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Noch ist unklar, ob er die Linie von Wolfgang Schäuble (CDU) fortsetzt oder großzügiger mit den Griechen umgeht. Eurogruppen-Präsident Mario Centeno, ein Portugiese, hat ihnen bereits weitere Schuldenerleichterungen in Aussicht gestellt, was den Eurogipfel aus Sicht der Griechen zum Erfolg macht: „Wir sind der festen Ansicht, dass die Tagung einen entscheidenden Schritt nach vorne bedeutet, der Griechenland im Sommer aus dem Programm und zurück zur Normalität bringen wird“, sagen Regierungsleute in Athen.
Da sie um die maßgebliche Rolle Deutschlands wissen, führt sie die Roadshow mit den Rothschild-Bankern regelmäßig nach Berlin. Noch vor der IWF-Frühjahrstagung Mitte April reiste Finanzminister Euclid Tsakalotos zu Olaf Scholz, der war da noch keine vier Wochen im Amt. Thema natürlich: Der Ausstieg aus dem Schuldenprogramm. Vorige Woche sah der Tourplan gleich drei Tage in Berlin vor: Der Chef der Wirtschaftsabteilung beim Premierminister sprach in diversen Amtsstuben sowie bei Finanz- und Haushaltspolitikern in der deutschen Hauptstadt vor. Yiorgos Tsipras heißt der Mann. Er ist zufällig der Cousin von Alexis Tsipras