Wann immer sich irgendeines der Ereignisse zur deutschen Einheit jährt, füllen sich die Feuilletons mit Jubelarien, die Plätze mit Jubelariern und die Talkshows mit Jubelexperten. Der immense Aufwand wird benötigt, weil die Erfolgsstory „deutsche Wiedervereinigung“ zu den wichtigsten Mythen die Bundesrepublik Deutschland zählt. Und weil dieser Mythos immer und immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt werden muss, damit er sich als Realität in den Köpfen der Menschen verfestigt.
Es ist durchaus nicht verwunderlich, wenn revanchistische und militaristische Kräfte der BRD seit langem schon versucht haben, sich die Deutsche Demokratische Republik einzuverleiben und anschließend auszuplündern. Was gehört heute eigentlich noch den Bürgern der DDR? Besitzen Sie Betriebe, Villen, Wälder oder große landwirtschaftliche Güter? Nein, sie besitzen zu 98% nicht viel mehr als ihre eigene Arbeitskraft, die sie oftmals noch weit unter Tarif verkaufen müssen, um existieren zu können. Nicht selten wurden sie in den letzten 30 Jahren nach der „friedlichen Revolution“ (die in Wahrheit eine Konterrevolution war!) gewungen, Sozialhilfe zu beantragen oder – was noch schlimmer ist – sie mußten „Hartz4“ beantragen: der Abstieg in die Armut. Viele wanderten aus in den Westen, ein kleiner Teil der DDR-Bürger konnte sich noch am Volkseigentum bereichern. Mittlerweile leben etwa ein Fünftel der Einwohner der BRD unterhalb der Armutsgrenze und sogar fast eine Million Menschen (zählt man die Dunkelziffer hinzu) sind obdachlos. Die Schulbildung in der BRD kann man nicht anders als eine Katastrophe bezeichnen, und die DDR-feindliche Hetze und Verblödung durch die Massenmedien läuft auf Hochtouren. Nun konnte zwar ein offener Militärputsch und eine militärische Okkupation der DDR verhindert werden, aber dank der Unterstützung des „Genossen Gorbatschow“ gelang 1990 der friedliche Umsturz und die restlose Beseitigung des Sozialismus und der DDR. Aus dem Weißbuch gegen die aggressive Politik der Regierung der deutschen Bundesrepublik: Die Annexion der DDR war seit Jahrzehnten geplant…
Die Anmaßung der Bundesregierung, daß die Bundesrepublik der einzig legitimierte deutsche Staat sei, bestätigt ihren Plan, die DDR zu annektieren.
Die DDR – ein souveräner Staat
Seit 1949 bestehen auf dem Territorium Deutschlands faktisch und juristisch zwei Staaten, die Deutsche Demokratische Republik und die Deutsche Bundesrepublik. Beide sind vollgültige Subjekte des Völkerrechts, was auch von westdeutschen Völkerrechtlern anerkannt wird. So schrieb z.B. Professor von der Heydte:
„…die Bundesrepublik umfaßt nur die Hälfte des alten Deutschland. Außer ihr gibt es einen anderen deutschen Staat, die volksdemokratische Republik. Dies darf man nicht ignorieren; denn sie ist eine politische Realität.“ [1]
Der westdeutsche Völkerrechtler von Bieberstein erklärte in einem Artikel in der „Deutschen Zeitung und Wirtschaftszeitung“ vom 27. April 1957, im Mittelpunkt der Diskussion stehe heute, ob sich der deutsche Gesamtstaat
„nicht vielmehr in zwei neue Staaten aufgelöst hat, die die Wiedervereinigung mir auf dem Wege eines völkerrechtlichen Zusammenschlusses herbeiführen können…
Es ist in der Tat nicht zu widerlegen, daß jede der beiden deutschen Republiken heute mit eigenem Staatsgebiet, eigenem Staatsvolk, eigener Staatsgewalt, eigener Verfassung und Rechtsordnung sowie mit einem wirksamen Verwaltungs- und Vollzugsapparat ausgestattet ist und somit alle Eigenschaften eines Staates besitzt…“ [2]
Das Entstehen zweier deutscher Staaten im Jahre 1949 bedeutet, daß ihre friedliche Vereinigung nur auf völkerrechtlichem Wege, durch Verhandlungen zwischen den Regierungen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik möglich ist. Wer solche Verhandlungen ablehnt, beweist nichts anderes, als daß er eine friedliche Wiedervereinigung nicht will.
Adenauer lehnt Verhandlungen mit der DDR ab
Eine solche Position bezog von Anfang an die Regierung der Deutschen Bundesrepublik. Um ihre beharrliche Weigerung, mit der Deutschen Demokratischen Republik zu verhandeln oder zusammenzuarbeiten, in ein rechtliches Scheingewand zu kleiden, wurde von den Kronjuristen Adenauers die sogenannte Ausschließlichkeitsanmaßung erfunden. Ihr Inhalt besteht darin, daß in offensichtlichem Widerspruch zur politischen und rechtlichen Lage in Deutschland der Standpunkt vertreten wird, die Deutsche Bundesrepublik sei der einzig legitime deutsche Staat und die Bundesregierung daher allein befugt, für das gesamte deutsche Volk zu sprechen und zu handeln; die Deutsche Demokratische Republik sei ein widerrechtlich abgespaltener Teil der Bundesrepublik. Diese Anmaßung der Bundesregierurg schließt den „Anspruch“ ein, die Deutsche Demokratische Republik der Bundesrepublik einzuverleiben.
Die Alleinvertretungsanmaßung der BRD-Regierung
Der bekannte österreichische Völkerrechtler Professor Dr. Brandweiner schrieb in dem Buch „Die Pariser Verträge“ auf S.11:
„Es ist das Bürgerkriegskonzept, das dieser Auffassung zugrunde liegt und das u. a. auch in Korea praktiziert wurde, indem die südkoreanische Regierung als die Regierung Koreas von den Westmächten anerkannt wurde …
… die Anerkennung der Bonner Regierung als der deutschen Regierung hätte zur notwendigen Folge, daß diese Regierung berechtigt wäre, jede andere deutsche Regierung notfalls durch Anwendung von Gewalt zu beseitigen.“ [3]
Seit Gründung der Bundesrepublik im Jahre 1949 beharrt die Bundesregierung auf ihrer völlig irrealen Ausschließlichkeitsanmaßung und unterstreicht damit immer wieder aufs neue, daß ihr an einer Lösung der deutschen Frage auf friedlicher und demokratischer Grundlage nichts gelegen ist.
Am 21. Oktober 1949 behauptete die Bonner Regierung vor dem Bundestag:
,,Die Bundesrepublik Deutschland ist … bis zur Erreichung der deutschen Einheit insgesamt die alleinige legitimierte staatliche Organisation des deutschen Volkes…“
Die Westmächte unterstützen DDR-feindliche Politik
Am 18. September 1950 ließ sich die Bundesregierung diese jeglicher Realität entbehrenden Anmaßung von den Regierungen der drei Westmächte bestätigen. Die Außenminister der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs erklärten in New York, daß die Bundesregierung das alleinige Recht besitze, als einzige …. deutsche Regierung bis zur Wiedervereinigung als Vertreterin des deutschen Volkes für das gesamte Deutschland zu sprechen. Später wurden alle NATO-Regierungen veranlaßt, diesen Standpunkt einzunehmen.
Bis zum Überdruß wurde von der Bundesregierung die Ausschließlichkeitsanmaßung bei allen möglichen Gelegenheiten verkündet. Adenauer sagte zum Beispiel in einer Ansprache im Bayerischen Rundfunk am 13. Februar 1957:
„Es gibt keine zwei deutschen Staaten, es gibt nur einen deutschen Staat. Die sogenannte Deutsche Demokratische Republik ist kein Staat…“ [4]
Ein äußerst gefährlicher Kurs der Adenauer-Regierung
Es muß mit aller Klarheit festgestellt werden, daß die Ausschließlichkeitsanmaßung der Bonner Regierung in dreierlei Hinsicht von äußerst gefährlichem Charakter ist. Die Ausschließlichkeitsanmaßung richtet sich unmittelbar gegen die nationalen Interessen des deutschen Volkes und unterstreicht den antinationalen Charakter des Bonner Regimes; denn es liegt auf der Hand, daß, solange die Bonner Regierung auf ihrer Ausschließlichkeitsanmaßung beharrt und jegliche Verständigung mit der Deutschen Demokratischen Republik ablehnt, die friedliche Vereinigung beider deutscher Staaten nicht erreichbar ist. [5]
Es gibt keine friedliche und demokratische Wiedervereinigung!
Die Ausschließlichkeitsanmaßung ist somit ein entscheidendes Hindernis für die Vereinigung der beiden deutschen Staaten auf friedlicher und demokratischer Grundlage. Seit der Herausbildung zweier deutscher Staaten besteht der einzig reale Weg zur Schaffung eines einheitlichen und friedlichen Deutschlands in der Verständigung zwischen ihnen. Wer die Bonner Ausschließlichkeitsanmaßung unterstützt und sich weigert, die Existenz zweier deutscher Staaten anzuerkennen, leistet damit, ob gewollt oder ungewollt, den aggressiven Absichten der deutschen Imperialisten Vorschub, denen die Ausschließlichkeitsanmaßung zur scheinjuristischen Bemäntelung eines ihrer Hauptziele auf dem Wege der Wiederherstellung eines imperialistischen Gesamtdeutschlands dient: der Angliederung der Deutschen Demokratischen Republik an die Bundesrepublik und der Beseitigung der sozialistischen Ordnung in der Deutschen Demokratischen Republik.
Die Annexionspläne der westdeutschen Imperialisten
Dieses Ziel wurde von den führenden Vertretern der Bonner Politik wiederholt offen ausgesprochen. Auf einer Versammlung in Bruchsal sagte Brentano:
„Wir werden alles und das Letzte unternehmen, ich sage ausdrücklich: alles und das Letzte, um die sowjetische Besatzungszone wieder zurückzuholen.“ [6]
Altfaschistische Eroberungspläne…
In der gleichen Tonart schrieb der Bonner Innenminister. Dr. Schröder am 13. Juni 1953 im „Industriekurier“:
„Das einzig legitime Deutschland, das einzige Sprachrohr für das ganze Deutschland . . . ist die Bundesrepublik. . . Die Bundesrepublik ist Deutschland. Alles andere deutsche Gebiet ist uns entzogenes und vorenthaltenes Territorium, das zurückgegliedert werden muß.“
Unmittelbar nach den Bundestagswahlen im September 1953 erklärte Adenauer herausfordernd:
„Unser Ziel ist die Befreiung unserer 18 Millionen Brüder und Schwestern in den Ostgebieten. Bis jetzt hat man immer von der Wiedervereinigung Deutschlands gesprochen, wir sollten aber lieber sagen: Befreiung.“ [7]
1954 sagte er auf einer Wahlversammlung in Limburg:
„Wir sind auf dem Wege, die Sowjetzone zurückzuholen, wenn die westliche Welt eine entsprechende Stärke erreicht haben wird.“ [8]
…diese Politik mußte scheitern!
Schon aus diesen wenigen Äußerungen wird die Aggressivität völlig klar, die hinter der Ausschließlichkeitsanmaßung steht. Sie ist der Versuch, die öffentliche Meinung auf die gewaltsame Unterwerfung des anderen deutschen Staates vorzubereiten. Niemand kann jedoch darüber im Zweifel sein, daß diese Politik in Anbetracht des Kräfteverhältnisses in der Welt, der zunehmenden Stärke und Festigkeit der DDR und ihrer festen Verbundenheit mit dem sozialistischen Lager zum Scheitern verurteilt ist und die Versuche wahnwitziger und verantwortungsloser Politiker, sie dennoch zu verwirklichen, zum Bruderkrieg in Deutschland und zu einem neuen Weltkrieg führen werden. Die Ausschließlichkeitsanmaßung richtet sich damit unmittelbar gegen die Aufrechterhaltung des Friedens in Deutschland und in der Welt.
Drohung und Erpressung gegenüber Drittländern
Schließlich versucht die westdeutsche Bundesregierung unter bewußter Mißachtung der Souveränitätsrechte anderer Staaten, die Wahrung ihrer sogenannten Ausschließlichkeitsanmaßung mit den Mitteln des Drucks und der Erpressung anderen Regierungen aufzuzwingen. Am 22. September 1955 stellte Adenauer im Bundestag herausfordernd fest:
„…dritten Staaten gegenüber halten wir unseren bisherigen Standpunkt bezüglich der sogenannten ,Deutschen Demokratischen Republik‘ aufrecht. Ich muß unzweideutig feststellen, daß die Bundesregierung auch künftig die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der ,DDR‘ durch dritte Staaten, mit denen sie offizielle Beziehungen unterhält, als einen unfreundlichen Akt ansehen würde.“ [9]
Im Dezember 1955 drohte der Bonner Außenminister von Brentano unverhohlen allen Staaten mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen, falls sie normale Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik herstellen würden. Die „Nürnberger Nachrichten“ schrieben am 9. Dezember 1955 über das Auftreten Brentanos vor den westdeutschen Botschaftern am 8. Dezember 1955:
„Er kündigte an, daß die Bundesregierung die diplomatischen Beziehungen zu jedem Land abbrechen werde, das Botschafter mit dem kommunistischen Sowjetzonenregime austauschen sollte.“ [10]
Mit dieser Politik mischt sich die Bundesregierung unaufhörlich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ein, verletzt sie fortwährend die Normen des Völkerrechts und wirft sich faktisch zum Richter über die Außenpolitik anderer Länder auf. So scheute sich die Bundesregierung bekanntlich nicht, in provokatorischer Weise die diplomatischen Beziehungen zur Föderativen Volksrepublik Jugoslawien [11] abzubrechen, als diese beschloß, diplomatische Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik herzustellen. Ganz offen muß festgestellt werden, daß der deutsche Imperialismus und Militarismus somit versucht, die Außenpolitik anderer Staaten zu diktieren. Die Ausschließlichkeitsanmaßung der Bonner Regierung richtet sich also auch gegen die Unabhängigkeit und Souveränität anderer Staaten.
Der raubgierige deutsche Imperialismus
Die in diesem Kapitel geschilderten Tatsachen, die die von der gegenwärtigen Bundesregierung als der Interessenvertreterin des wiedererstandenen deutschen Imperialismus betriebene revanchistische und chauvinistische Politik nachweisen, zeigen mit aller Eindringlichkeit, daß der aggressive und raubgierige deutsche Imperialismus und Militarismus im Westen Deutschlands sein Haupt, wieder erhoben hat und die alten Vorherrschafts- und Kriegspläne, die bereits das wilhelminische Deutschland und der Hitlerstaat zu verwirklichen suchten, erneut auf die Tagesordnung setzt. Das beschwört neue große Kriegsgefahren über Deutschland und Europa herauf.
Zitate und Anmerkungen:
[1] „Außenpolitik“, Stuttgart, August/September 1955, S.425
[2] „Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung“ vom 27. April 1957
[3] Brandweiner: „Die Pariser Verträge“, S.11
[4] „Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung“, 14. Februar 1957.
[5] Eine „friedliche Vereinigung“ war schon deshalb nicht möglich, weil beide deutsche Staaten 1959 nunmehr eine unterschiedliche Gesellschaftsformation besaßen. Die westdeutsche BRD war kapitalistisch und in der DDR hatte der Sozialismus gesiegt. Kapitalismus und Sozialismus sind unvereinbar wie Feuer und Wasser. Folglich war die Annexion der DDR im Jahre 1989 nur möglich aufgrund der Konterrevolution in der UdSSR und der „Verkauf“ der sozialistischen DDR an die Westmächte.
[6] „Bayerisches Volks-Echo“, München, 8. März 1952.
[7] „Die Neue Zeitung“, Westberlin, 8. September 1953.
[8] dpa, 16. November 1954.
[9] „Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung“, 23. September 1955.
[10] „Nürnberger Nachrichten“, 9. Dezember 1955.
[11] Anmerkung: Schon damals befand sich Jugoslawien auf einem antikommunistischen Kurs. Es war eine allbekannte Tatsache, daß „Marschall Tito“ sein Land 1934 in den imperialistische Balkan-Pakt geführt hatte, dem es auch späterhin noch gemeinsam mit den NATO-Mächten Griechenland und Türkei angehörte. Doch nun reiste am 26. Mai 1955 eine sowjetische Delegation unter Chruschtschow nach Belgrad, um herauszustellen, daß beide Länder „gleiche Grundinteressen“ hätten, dem „teuren Genossen“ Tito sei bitter Unrecht geschehen, es bestünde aber zwischen der UdSSR und Jugoslawien „volle Übereinstimmung“ und man wolle die „freundschaftlichen Beziehungen“ künftig weiter ausbauen (vgl. Kurt Gossweiler „Taubenfußchronik“ – 2 Bde., München, 2002, Bd.I, S.47-53).
Quelle:
Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.): Weißbuch über die aggressive Politik der Regierung der deutschen Bundesrepublik. 1959, S.82-86.