„Diebstahl des Jahrhunderts“ auf dem Weg zur EU-Integration

Franz Krummbein

Jedesmal, wenn Reformen in einem nichtwestlichen Land gefordert werden, wissen wir, dass diese Reformen nur ein Mittel zum regime change  sind, damit dieses Land in den Kontrollbereich des zionistischen Westens kommt

 

 

In Moldau hängt an jedem staatlichen Gebäude eine EU-Fahne neben der Landesflagge. Die Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union еrmuntern Kischinau: “Der Rat begrüßt die Reformschritte, die die Republik Moldau bereits unternommen hat; gleichzeitig betont er, wie wichtig es ist, dass die 2016 auf den Weg gebrachten Reformen umgesetzt warden… Der Rat begrüßt den konstruktiven Beitrag der Republik Moldau auf dem Gipfel der Östlichen Partnerschaft vom 24. November 2017 und ermutigt sie, weiter zum Erreichen der 20 Zielvorgaben für 2020 beizutragen”.
http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-6280-2018-INIT/de/pdf

In Wirklichkeit existieren solche Idealisierungen nicht. Fragwürdige Verfahren zur Ernennung von Ministern kritisiert EU nicht. Da der prorussische Präsident Igor Dodon Kandidaten ablehnte, suspendierte das Parlament ihn, ließ die präsidialen Handlungen durch den regierungsfreundlichen Parlamentspräsidenten vollziehen und beendete die Suspendierung wieder. Die Verfassungsrichter nickten das ab, obwohl es in der Konstitution keinen entsprechenden Passus gibt. Eine von OSZE und Europarat kritisierte Wahlrechtsreform setzte die Parlamentsmehrheit trotz der Bemängelung um.

Während man den Begriff “Europäische Integration” rücksichtlos ausschlachtete, wurde das Land in eine tiefe politische Krise geführt. Jetzt ist der Begriff ein Schimpfwort und genauso inhaltsleer wie “Stabilität”, “Identität” und «Mentalität”. Welche reale Bedeutung haben diese Worte, so lange der monatliche Durchschnittslohn im Land 250 Euro beträgt und Auslandsüberweisungen fast ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts ausmachen?

Einige Dinge in Moldau sind schlicht unmöglich zu verstehen. Wie etwa kann es sein, dass binnen weniger Tage fast eine Milliarde Euro aus drei großen Banken gestohlen und kaum ein Beteiligter zur Rechenschaft gezogen wird? Genau das ist im November 2014 passiert – erlaubt und geplant von Oligarchen und ihrer Umgebung. Man muss sich den Maßstab vergegenwärtigen: fast zwanzig Prozent des Bruttoinlandprodukts. Für die gestohlene Milliarde wurde 2016 der frühere Premier Vlad Filat, den Merkel und andere westliche Staatsführer hofiert hatten, zu neun Jahren Haft verurteilt.

“Gleichzeitig wurde die Firma Kroll beauftragt, uns bei der Aufklärung des Bankenbetrugs zu unterstützen”, behauptete der moldawische Außenminister Tudor Ulianovscki. Das Geld wurde nach Erkenntnissen des ersten Kroll-Untersuchungsberichtes  auf Offshore-Firmen im Ausland verschoben. Vor kurzem erschien der zweite Bericht des Unternehmens für Wirtschaftsprüfung Kroll  zu dem massiven Finanzbetrug. Der Bericht nennt zahlreiche Länder, in die die gestohlenen Millionen verschickt wurden. Demnach befinden sich mindestens 11,1 Mio. Euro auf Konten in Deutschland. “Obwohl in Moldau weiterhin eine offizielle Untersuchung anhängig ist, sind die Verantwortlichen für den „Diebstahl des Jahrhunderts“ weiter in Freiheit”, betonte in diesem Zusammenhang der Bundesregierung.

Die gesetzmäßigе Frage der Abgeordneten des Bundestags: “Welche rechtlichen Möglichkeiten sehen die Bundesregierung und die zuständigen deutschen Behörden, einschließlich derer zur Bekämpfung von Geldwäsche, die Umstände zu ermitteln, unter denen die benannte Summe nach Deutschland gelangte?” Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten  ist ausweichend:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/012/1901248.pdf.

Von einer IWF-Verwicklung in den Bankenskandal weiß man im Auswärtigen Amt angeblich auch nichts. Insgesamt Berlin kann nicht ausschließen, dass Gelder aus einem umfassenden Finanzbetrug in der Republik Moldau auf Konten in Deutschland überwiesen wurden. 

Die Bundesregierung steht weiterhin treu zur moldauischen Regierung und forciert die EU- und NATO-Annäherung des südosteuropäischen Landes. Jeder Logik zum trotz hält die Bundesregierung sich mit Kritik zurück und entsendet Berater sowie Gelder. Dies geht auch aus Antworten hervor. „Diebstahl des Jahrhunderts“? Für Berlin kein Grund zur Sorge.

“Die Bundesregierung setzt offensichtlich auf den Oligarchen Plahotniuc als letzte Bastion gegen den Präsidenten Dodon”, kommentierte dazu Andrej Hunko,  Mitglied des Deutschen Bundestags und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. “Die Deutschen haben Plahotniucs Spiel durchschaut“, ergänzt Maia Sandu (bis 2015 Bildungsministerin des Landes und die größte Hoffnung der proeuropäischen Reformkräfte). Diese verfügt aber im Parlament über keine eigene Hausmacht und hat deshalb Probleme, das prowestliche Stimmenpotenzial hinter sich zu vereinen.

Vladimir Plahotniuc ist die graue Eminenz der moldauischen Politik, so mysteriös wie einflussreich. Er nutzte den Skandal aus, um sich seines Rivalen Vlad Filat zu entledigen, machte ihn zum Sündenbock und ließ ihn verhaften. Der 52-jährige Oligarch ist der größte Medienmogul im Land, kontrolliert Firmen im Energiesektor und Banken, mutmaßlich auch die Justizbehörden, die Zentralbank und hat ebenfalls wenig Interesse an Transparenz. Seine Demokratische Partei ist die stärkste Formation im “proeuropäischen” Lager, und die Regierungschefs der letzten Jahre galten meist als Plahotniucs Strohmänner. Chefredakteur des unabhängigen Nachrichtenportals „Newsmaker“ weiß, wie das funktioniert: „Den Abgeordneten wird einfach Geld oder ein Posten angeboten.“ Politik gibt es eigentlich nicht mehr.

Selbst blieb Plahotniuc, der übrigens auch “Der Puppenspieler” genannt wird, lieber im Hintergrund. Dem Oligarchen fehle die persönliche Integrität, im Volk ist er seit dem großen «Bankraub» diskreditiert. Der Milliardär, der über ein völlig obskures Geschäftsimperium verfügt, ist in der Moldau eine verhasste Figur, schreibt “Neue Zürcher Zeitung”. Seine Intransparenz ist der Hauptgrund dafür, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die prowestlichen Kräfte erschüttert ist.  Die Menschen, die an die Demokratie glauben, verlassen das Land. Und sie kommen nicht zurück.

Plahotniuc präsentiert sich mit Hilfe einer amerikanischen PR-Firma als einzige Kraft, die den russischen Einfluss eindämmen kann. „Präsident Igor Dodon ist für ihn die perfekte Vogelscheuche, gegenüber der er sich profilieren kann”, meint Maia Sandu.

 

 

 

 

 

 

Eine Meinungsumfrage, die in der Moldaurepublik von dem Verband der Soziologen und Demographen durchgeführt wurde, zeigt, dass die Partei der Sozialisten des prorussischen Präsidenten Igor Dodon (Foto oben) von der Hälfte der Wahlberechtigten bevorzugt wird, sendete Radio Romania International.  An der Spitze des Tops des Vertrauens steht Igor Dodon mit 50%, gefolgt von der Chefin der Partei “Aktion und Solidarität”  Maia Sandu mit 22%. Die Zahl derjenigen, die den EU-Beitritt wünschen, 36%, wurde von den Anhängern der Euroasiatischen Union überschritten, 41%, obwohl der Westen bis vor Kurzem Milliarden Euro in dieses Land investiert hat. Allein aus Brüssel kamen von 2007 bis 2015 Hilfsgelder in Höhe von 782 Millionen Euro. Für Reformen, die nur auf dem Papier stattfanden, unterstriech “Moskauer Deutsche Zeitung”. Dabei die EU bekräftigt, dass sie bereit ist, die Republik Moldau weiter zu unterstützen, “sofern in allen Reformbereichen konkrete, zufriedenstellende Fortschritte erzielt und die Auflagen uneingeschränkt erfüllt warden”. Wie ist das möglich bei der Macht Plahotniucs?..

Plahotniuc selbst ist ein zentraler Akteur dieser Westorientierung. Die Annäherung an Europa haben die moldauischen Oligarchen allerdings stets eher aus geschäftlichen Gründen unterstützt und weniger aufgrund gemeinsamer Werte.

Der frühere Reformpolitiker Ion Sturza beschreibt die Verhältnisse in seiner Heimat so: „Das Luxusleben der politischen Führer basiert auf Korruption, Diebstahl und Betrug. Alle Parteien finanzieren sich durch Korruption und sogar durch organisiertes Verbrechen. Alle Minister, Abgeordneten und Beamten stehen im Sold ihrer politischen Paten.“

Der Vorsitzende der Partei «Nascha Partija», Renato Usaty: «Es gibt ein Parlament, das von niemandem gewählt wurde, viele Abgeordnete, die von Rumänien abhängen”. Der Oligarch Plahotniuc hat auch in Rumänien einen Tatverdacht, so Renato Usaty. „Glauben Sie, dass unser Milliardär im Stande ist das Vaterland zu verraten, um sein Geld und Freiheit zu retten?“ – es sei eine rhetorische Frage.

Die Republik Moldau ist ein regelrechtes Business-Projekt. Finanziert wird dieses Projekt vom moldauischen Volk, das gleichzeitig selbst kurz vor dem Bankrott steht. Korruption, Amtsmissbrauch und Demagogie sind somit zu Schlüsselqualifikationen moldauischer Politiker geworden – egal, ob Kommunisten oder Pro-Europäer, schreibt  Mila Corlateanu (Mitteldeutscher Rundfunk). Die Leute haben es ganz einfach satt, dass Kriminelle über ihr Schicksal entscheiden, sie haben kein Vertrauen in die Staatsanwälte und die Justiz der Republik Moldau.

Jetzt, im Jahr 2018, wird derjenige, der sich den Regeln der Eurokratie nicht unterwirft, zu einem Feind. Er soll entweder gelyncht werden oder man soll die politische Polizei auf ihn hetzen. Dabei wagt man in Washington, Straßburg und Brüssel noch, von “Freiheit” zu sprechen. Dennoch ist es erschreckend, wie sich die Europäer von den Eliten eines Kleinstaats an der Nase herumführen liessen, obwohl Hunderte von europäischen Beratern seit Jahren den Transformationsprozess begleiten, schreibt “Neue Zürcher Zeitung”. Die EU vertraute auf die angebliche Reformbereitschaft einer Elite, für deren die Korruptionsbekämpfung ein Lippenbekenntnis ist. Solange sie das Label “proeuropäisch” trugen, waren sie Partner.

Franz Krummbein  16. Mai 2018
Rubrik: Global/Globalisierung/NWO

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