„Ein Schloss im Schlaf“

Emmanuel Sarides
Emmanuel Sarides

Was hat die Ruine des Königsschlosses in Athen mit der Militärjunta zu tun? Im Grunde nichts, es sei denn, die Süddeutsche Zeitung hat die Schlossruine thematisiert, um über den Widerstand gegen die Militärjunta und damit gegen Rechts heute zu berichten

 

Ich habe mich nach der Lektüre des Artikels (Ein Schloss im Schlaf, Süddeutsche Zeitung vom 19.01.2018) gefragt, weshalb die Autorin, Christiane Schlötzer, die Schlossruine in Athen mit dem Regime der Obristen (nach Wikipedia die Militärdiktatur) zusammen bringt. Denn die Ruine dämmert seit der Flucht König Konstantins 1967 nach London vor sich hin und die Militärjunta, die in diesem Schloss niemals residierte, gibt es seit 1974 nicht mehr. Worauf wollte sie dann mit ihrer Story hinaus?

Etwas Licht ins Dunkel bringt das Auftauchen der Frau Eleni Torossi in die Geschichte, die gefühlstriefend schildert, wie sie in Athen 1968 den Druck der Junta nicht aushalten konnte und nach Deutschland floh, wo sie den Kampf gegen die Obristen aufnahm, den sie, wie die Süddeutsche Zeitung auch, immer noch führt. Natürlich nicht mehr gegen die Junta, die ja mausetot ist, sondern gegen die der Junta unterstellten Ideologie, die heute als eine Mischung aus political correctness und Kampf gegen Faschismus, Nationalsozialismus und allem und jedem, was als Rechts verstanden wird und von der Antifa und einer Menge anderer, gut budgetierter Organisationen, von politischen Parteien, NGO‘s und fast der Gesamtheit der Medien ausgetragen wird. Betroffen von dieser Hexenjagd sind dann alle die verdächtigt werden, Faschos, Nazis, Neonazis, Kryptonazis, Antisemiten, Feinde Israels oder ähnliches zu sein. Ist das also, was auch der Artikel, verpackt in der Geschichte der Schlossruine von Athen, rüberbringen wollte? Schaun mer mal.

Die Schlossruine, Herr Koutsavlis und die Pläne der griechischen Regierung

Fangen wir mit Herrn Vasilis Koutsavlis an, der, wie Christiane Schlötzer schreibt, „vor zehn Jahren allein durch den Wald von Tatoi (Stadtteil von Athen, wo sich die Schlossruine befindet, E.S.) spazierte, als er plötzlich vor einem Zaun stand…Dahinter fand er ein großes Gebäude mit verwitterter Fassade und herrschaftlicher Freitreppe. Und im hüfthohen Gras einen amerikanischen Straßenkreuzer, platt gedrückt wie ein schlappes Sandwich, die Ledersitze zerfressen von Mäusen oder anderem Getier. Ich fragte mich, sagt Koutsavlis, wo bin ich hier? Und: Oh, mein Gott, irgendjemand muss das alles retten.“


Foto aus dem Artikel der Süddeutschen Zeitung

Herr Koutsavlis schuff also eine Facebookseite und gründete später auch den Verein „Freunde von Tatoi“ mit dem Zweck, die Schlossruine zu restaurieren. Ein weiterer Interessent ist auch der griechische Staat, der aus Tatoi Geld machen will. „Seit 2016 gibt es nun, nach langem Ringen, einen Plan des Kulturministeriums, das Schloss tatsächlich zum Museum zu machen und dort einige der 17 000 Gegenstände – Gemälde, Kristall, Porzellan, Möbel, Teppiche, Fotos – auszustellen, die Spezialisten schon geborgen haben.“ Auch sollen dort „Tavernen, Cafés und ein Konferenzzentrum“ untergebracht werden. Soweit zum Schloss und seine potentiellen Retter.

Die Militärjunta

Und dann tauchen Frau Torossi und die Militärjunta auf, die am 21.04.1967 die Macht in Griechenland übernommen hatte. Mit der Junta versank Griechenland „in einer bleiernen Zeit“, sagt Frau Torossi (ob sie das vom Spielfilm der Margarethe von Trotta hat?). Bleierne Zeit? Wirklich? Die Fakten, ohne emotionale Saucen und verfälschende Adjektive besagen, dass die Obristen die Macht übernommen hatten, nachdem Griechenland zwei Jahre lang keine richtige Regierung hatte und das wahre politische Chaos herrschte.  Den intrigierenden, korrupten und unfähigen Politikern, den gekauften Journalisten und den Berufs-Opponenten, -Protestierern und -Intellellen erteilten die Obristen ein Sprech- und Agitationsverbot und begannen sofort mit dem Aufbau des heruntergewirtschafteten Landes.

Die Junta war zwar von der CIA an die Macht gehievt worden, jedoch nur um die Bildung einer Regierung mit Beteiligung von Andreas Papandreou zu verhindern, wie ich noch weiter unten zeigen werde. Dann hätte sie, wie der Mohr, ihre Schuldigkeit getan und müsste gehen. Ihr Rauswurf wurde im Ausland, vor allem in Deutschland, organisiert und von griechischen Politikern, Journalisten und Intellellen, die alle im deutschen „Exil“ waren  exekutiert. Natürlich unter Anleitung und mit Hilfe des Westens.

Diese Exilanten hatten die Signale schnell gehört und waren Hals über Kopf ins „Exil“ gegangen, wo sie Jobs bekamen, um die böse Junta zu bekämpfen. In Deutschland bekamen Georgios Mangakis und Kostas Simitis Gastprofessuren, Pavlos Bakojannis und Kostas Nikolaou Jobs bei der Deutschen Welle, Basil Mathiopoulos agitierte über die griechischen Gastarbeitersendungen „Unsere Heimat – ihre Heimat“ und Andreas Arnakis moderierte im Radio das „Rendezvous in Deutschland“. Ach ja, 1968 kam auch Eleni Torossi, die politisches Asyl bekam und sich auch dem Kampf gegen die verhasste Junta widmete.

Politisches Asyl? Wurde die damals Zwanzigjährige Torossi von der Junta verfolgt oder ist es wie heute mit den Asylanten aus Syrien, die den Behörden erzählen wie brutal sie vom bösen Assad verfolgt werden, um in den Genuss von Wohnung, Harz IV, Handys und freien Fahrkarten zu kommen und nicht daran denken, das Deutschland eines der Hauptverantwortlichen Länder für das Desaster in ihrer Heimat Syrien ist?

Frau Torossi (links) erzählt, dass die Zeit vor dem Staatsstreich „von einem einzigartigen kulturellen Aufbruch begleitet“ war und erwähnt die Bewegung „Neo Kima“ (Neue Welle) in der Musik und Liedermacher und Dichter, „die uns begeisterten“. „Nach dem Putsch war das vorbei: Sie haben uns nicht reden lassen, nicht singen, nicht ausgehen.“ Frau Torossi irrt, die Bewegung „Neo Kima“ aber auch die wunderbaren Hits der 50er Jahre, die ich damals in Griechenland im Radio hörte, wurden nicht von den Obristen verboten, sondern von der Bouzouki-Musik platt gewalzt, die sich nach der Junta durchsetzte und heute als griechische Musik verstanden wird. Und singen und reden dürfte jeder, sofern er nicht gegen die Vorschriften stieß, in Deutschland kann man auch nicht ungestraft gegen die  verfassungsmäßige Ordnung verstoßen.

Und so geht es weiter. „Am Morgen nach dem Putsch waren wir alle wie versteinert“, sagt Frau Torossi, „wir wussten nicht, wem wir trauen sollten, keiner hat etwas gesagt, in den Bussen, auf den Straßen, das große Schweigen“. Das sagt die damals zwanzigjährige Eleni Torossi im Plural und ich denke an die heute arrivierten Alt-68er, die auch dasselbe Lied singen, „wir haben damals dies gemacht“ und „wir haben das gemacht“, sie waren also eine starre, in sich geschlossene „Bewegung“, ohne Sozialisten, Realos, Kommunisten oder Anarchos, wie ich sie selbst als ein 68er erlebt hatte.

Und dann wird es dramatisch. Christiane Schlötzer: „Torossi ist im Zentrum Athens aufgewachsen. In einem ihrer Bücher beschreibt sie, wie ihre taubstumme Mutter am Morgen nach dem Putsch aus dem Haus läuft, um Milch zu holen, und ein Offizier brüllt sie an: „Halt! Oder ich schieße! Stille, für Sekunden. Bis ein Nachbar auf die Straße rennt und ruft: Stopp! Die Frau ist taub. Eleni Torossi fröstelt nun in der Wintersonne in einem Athener Straßencafé, sie erzählt, wie sie nach dem Putsch auf ihren Freund wartete, und der nicht kam: Er lief auf der Patission, einer der großen Straßen, da standen überall Panzer, und darüber leuchtete die Akropolis. Für Torossi ist das bis heute ein irres Bild, die Panzer und darüber der Parthenon.“ Ich habe irgendwie das Gefühl, dass vieles von dem, was Frau Torossi erzählt, in irgendeinem Film Film über die Nazis gesehen hat. Ich kann mich aber auch irren.

Emotionen sind für Literaten wichtig, für die Darstellung einer geschichtlichen Epoche aber völlig ungeeignet. Hier sollten Fakten zählen, und die besagen, dass die Obristen diejenigen sind, welche die darnieder liegende Industrie und Landwirtschaft wieder aufrichteten, in den von Streiks und Demonstrationen erschütteten Großstädten Ruhe und Ordnung brachten, die im II. Weltkrieg und im anschließenden Bürgerkrieg zerstörten Straßen unter Einsatz der Gemischten Gruppen von Wiederaufbaumaschinen (Μικτές Ομάδες Μηχανημάτων Ανασυγκροτήσεως – MOMA) der griechischen Armee vorbildlich und ohne die Kosten, die der Bau der späteren Autobahnen reparierten und neue bauten.

Und das Wichtigste. Die Außenschulden Griechenlands betrugen bei ihrem Abgang 1974 gerade noch 330 Mio. Euro, während sie bei den Zivilregierungen von Konstantinos Karamanlis und dessen Nachfolger, vor allem von den  Regierungen der Papandreou-Dynastie, auf die heute schwindelerregende Höhe von 326 Mrd. kletterten und das Land in den Ruin trieben.

Die Junta-Gegner

Schauen wir uns nun die Junta-Gegner etwas genauer an. Ich würde sie in zwei Kategorien einteilen, in der Kategorie der westlichen Länder, die Griechenland als Teil ihres Eigentums betrachten und es nach ihren geostrategischen Gesichtspunkten innen- und außenpolitisch gestalten und in die Kategorie der griechischen Politiker, Journalisten und Berufs-Intellellen, die ich als Helfershelfer der Mächte der ersten Kategorie bezeichnen würde.

Zur ersten Kategorie gehörten – und gehören heute noch – der internationale Zionismus und seine Vasallen USA, Deutschland, England und Frankreich. Und sie wollten die Junta beseitigen, die sie selbst installiert hatten, nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt hatte, eine Regierung unter Beteiligung von Andreas Papandreou zu verhindern.

Andreas Papandreou, der Sohn des Premierministers Georg Papandreou, bereitete den USA ein Problem, weil er in die Regierung seines Vaters einsteigen wollte, dabei aber die NATO verneinte und eine Annäherung Griechenlands an die damalige Sowjetunion anstrebte. William Blum schreibt: “But Andreas Papandreou did not disguise his wish to take Greece out of the cold war. He publicly questioned the wisdom of the country remaining in NATO, or at least remaining in It as a satellite of the United States. He leaned toward opening relations with the Soviet Union and other Communist countries on Greece’s border. He argued that the swollen American military and intelligence teams in Greece compromised the nation’s freedom of action. And he viewed the Greek Army as a threat to democracy, wishing to purge it if its most dictatorial- and royalist-minded senior officers” (William Blum: http://www.thirdworldtraveler.com/Blum/Greece_KH.html).

So ließen sie die CIA-Agenten in Griechenland, also die Junta-Obristen, zuschlagen. William Blum: “A CIA report dated 23 January 1967 had specifically named the Papadopoulos group as one plotting a coup, and was apparently one of the reports discussed at the February meeting.
Of the cabal of five officers, which took power in April, four, reportedly, were intimately connected to the American military or to the CIA in Greece. The fifth man had been brought in because of the armored units he commanded. George Papadopoulos emerged as the defacto leader, taking the title prime minister later in the year.
The catchword amongst old hands at the US military mission in Greece was that Papadopoulos was “ the first CIA agent to become Premier of a European country“. (William Blum: http://www.thirdworldtraveler.com/Blum/Greece_KH.html).

Kommen wir auf die zweite Kategorie, zu der vor allem jene Politiker gehörten, die lange vor dem Staatsstreich ins „Exil“ gingen und dort auf den Tag der Demokratie-Wiederkehr „konserviert“ wurden. Konstantinos Karamanlis, der Vertreter der Rechten, war noch vor dem Staatsstreich nach Paris gegangen und Andreas Papandreou, der Vertreter der Linken, organisierte von Schweden und Kanada aus seine PAK (Panellinio Sosialistiko Kinima – Panhellenische Befreiungsbewegung). Royalisten gegen Demokraten, Monarchisten gegen die Metaxas Diktatur oder Links gegen Rechts sind die beiden Lager, in die man die griechische Gesellschaft seit Gründung des griechischen Staates spaltete und sie um die Macht und ihre Privilegien kämpfen ließ. Wie sagt man da, wenn zwei streiten, freut sich der Dritte.

Von den Journalisten war schon die Rede. Und von den „Intellellen“ sind die Künstler, Literaten, Musikanten u.a. zu erwähnen, repräsentativ die Schauspielerin und Schriftstellerin (!?) Melina Mercouri („Ich bin als Griechin geboren“), der Regisseur Costa-Gavras, der 1969 den Schinken Z (von griechisch Ζεί Zi‚ er lebt) nach dem Buch des Schriftstellers Vassilis Vassilikos drehte und unser nationaler Komponist Mikis Theodorakis, der das arabische Buzuk (gräzisiert Bouzouki) populär machte und Dutzende von Konzerten gegen die Junta gab, seine Partei PAM (Patriotiko Metopo – Patriotische Front) nicht zu vergessen.

Jom-Kippur-Krieg, Aufstand im Athener Polytechnikum und Junta-Abgang

Die Obristen hatten ihre Chance genutzt und das Land soweit in Ordnung gebracht. Sie haben aber auch die frostigen Beziehungen zum Ostblock aufgelockert und dann, ja dann war im Oktober 1973 der Jom-Kippur-Krieg, der Krieg zwischen Israel und Ägypten ausgebrochen und die Obristen hatten auf Bitten Ägyptens den Überflug modernster US-Kriegsflugzeuge über Griechenland untersagt, die Israel beistehen wollten. Hatte man bis dahin das Treiben der Junta irgendwie ausgehalten, so hatten sie dies nicht mehr akzeptiert. Die Junta hatte sich disqualifiziert und war nicht mehr tragbar, der Mohr hatte seine Schuldigkeit getan und müsste jetzt gehen. Und so kam es, wie es kommen musste oder sollte. Die geballte Macht des Westens brach über die Junta aus, Politik, Wirtschaft, Geheimdienste, Medien und deren griechische Helfershelfer im „Exil“, Politiker, Künstler und Intellellen, wurden in Bewegung gesetzt, um das Treiben der bösen Diktatoren ein Ende zu machen.

Bereits im  Februar 1973 hatten sich Tausende von Studenten im Athener Polytechnikum verbarrikadiert und die Rückkehr zur Demokratie gefordert. Die Junta hat darauf reagiert, der Konflikt eskalierte. Und am 10. Mai 1974 kettete sich der deutsche Agent (Provokateur) und Clown, Günter Wallraff, auf dem Athener Syntagma-Platz an einen Strommast an und gab das Signal für den berühmten Aufstand im Athener Polytechnikum, der das Ende der Junta-Zeit einleitete.

Epilogos

Die Demokratie kam zurück nach Griechenland und mit ihr die korrupten und unfähigen Politiker, Journalisten und Intellellen. Das Land ist heute komplett deindustrialisiert, die Arbeitslosigkeit liegt bei 25% (bei der Jugend mehr als 50%) und die jungen Leute wandern aus, laut Spiegel seit 2008 mehr als 500.000 Menschen. Es herrscht Anomie, Anarchie, Kriminalität und Terror, während die mental arabisierten Griechen nur noch über ihr Schicksal jammern. Außerdem zahlen sie nicht die Zinsen für ihre Hausbau-Kredite, begleichen nicht die Stromrechnungen und sind politisch völlig desorientiert – und zugleich in der Rechts-Links-Denke gefangen. Sie besuchen zu ihrer Unterhaltung die Skyladika (Hundehütten) genannten Musik-Lokale, wo sie unter den Klängen des arabischen Bouzouki und angetörnt von jämmerlichen Liedern voller herzschmerz, verzweifelter situationen und liebeskummer Zeybekiko (türkisch: Zeybek) oder Karsilamas (türkisch: karşılama) tanzen.

Ich war kein Junta Anhänger, obwohl ich bei meinen Reisen in die Heimat den Fortschritt in den sieben Jahren ihrer Diktatur mit eigenen Augen gesehen hatte. Zugleich war mir aber auch klar, dass die Junta, von Zion installiert, nicht begriffen hatte, wozu man sie intalliert wurde, sie also dem Tode geweiht war. Außerdem störte mich ihr Slogan „Ελλάς Ελλήνων Χριστιανών“, (Griechenland der christlichen Griechen), das mich und Tausende anderer Griechen als Atheisten nicht zu den Griechen zählte. Da aber Fakten zählen, bin ich der Meinung, dass sie für Griechenland nicht so schlecht war, wie der Westen, die Süddeutsche Zeitung und die griechischen Politiker, Journalisten und Berufs-Intellellen behauptet hatten. Und die meisten heute noch behaupten.

Emmanuel Sarides   30. Januar 2018
Rubrik: Global/Globalisierung/NWO

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