Nato-Beitritte Georgiens und Mazedoniens: „Russland wird reagieren müssen“

Alexander Boos
Foto: Sputnik

Die Nato verhandelt aktuell mit der Regierung Mazedoniens über einen Beitritt des Landes zum Militärbündnis. Auch Georgien soll der Nato beitreten. „Die US-geführte Nato will Russland einkreisen“, sagt Politologe Ullrich Mies gegenüber Sputnik. Die USA die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Mazedonien „ins westliche Lager einbinden.“

„Georgien ist für die Nato als Partner sehr viel wichtiger als Mazedonien“, sagte Politikwissenschaftler Ullrich Mies im Sputnik-Interview. Seiner Analyse nach wollen „die USA alle Länder in das Bündnis integrieren, die sie für bedeutungsvoll halten im Rahmen ihres nationalen Sicherheitsinteresses. Es geht um kapitalistische Anlage-Strategien, es geht um die Sicherung von Rohstoffen. Um geostrategische Korridore und um die Sicherung von Meeresengen und Handelswegen.“

Nach dem Namenswechsel der Republik stehe nun einem Beitritt Mazedoniens zur Nato nichts mehr im Wege. „Im Falle Mazedoniens ist das letzte Wort jedoch noch nicht gesprochen“, kommentierte Mies. „Denn der Präsident (Djordje Ivanov, Anm. d. Red.) hat einen Tag, nach dem vordergründig der Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien geklärt werden konnte, erklärt, dass er einen solchen Kompromiss unter keinen Umständen unterschreiben wird. Ich glaube aber nicht, dass das die Nato in irgendeiner Weise abhalten wird, Mazedonien tatsächlich aufzunehmen.“

Neue Nato-Partner – Alte Pläne

Die Lage in Georgien sei komplizierter, „da die Territorialkonflikte in Georgien, siehe Südossetien und Abchasien, nicht geklärt sind. Russland hat die Gebiete nach dem ‚5-Tage-Krieg‘ 2008 gegen Georgien als unabhängig anerkannt, Tiflis zählt sie zu georgischem Staatsgebiet. Dazu kann man sagen: die Nato liebt diese Pulverfässer, weil sie diese Konflikte jederzeit zum großen Konflikt mit Russland eskalieren kann. Dasselbe gilt auch für die Ukraine. An diesen Konflikten kann man wunderbar herumschrauben, sie nach Bedarf auch eskalieren lassen.“ Der Beitritt Georgiens sei ursprünglich schon auf dem Bukarester Nato-Gipfel 2008 beschlossen worden.

Mazedonien könnte nach Montenegro, das 2017 als letzter „Neuer“ dazustieß, das nächste Nato-Mitglied werden. „Was Montenegro und Mazedonien anbelangt, so handelt es sich um zwei Zwergstaaten innerhalb des ehemaligen Jugoslawien“, so der Experte für Sicherheitspolitik. „Sie haben aus meiner Sicht militärisch allenfalls einen marginalen Wert für die Nato. Zu sagen haben sie gar nichts. Strategisch hingegen sind die beiden Zwergstaaten für das transatlantische Eroberungs-Establishment der Nato unter Führung der USA und des Pentagon von großer Bedeutung.“

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Auf der Karte sind alle europäischen Nato-Staaten (blau) sowie die Länder (rot) zu sehen, denen Beitrittsgespräche versprochen wurden: Georgien, Mazedonien und die Ukraine.

Schwarzes Meer: Geostrategisch bedeutend

„Ganz wichtig ist unter strategischen Gesichtspunkten das Schwarze Meer. Da stellt sich doch die Frage: Was hat die Nato eigentlich im Schwarzen Meer zu suchen?“ Das Gebiet sei ein wichtiges Feld US-amerikanischer Sicherheitsinteressen.

„Das Schwarze Meer ist von strategischer Bedeutung und die Nato und Georgien verstärken unsere Zusammenarbeit in diesem Gebiet“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kürzlich. Das Bündnis unterstütze demnach die Ausbildung der Küstenwache und die Zusammenarbeit mit den Seestreitkräften und dem ‚Joint Maritime Operations Centre‘ Georgiens. Der Nato-Generalsekretär forderte zudem Russland auf, „seine Truppen aus dem Land abzuziehen.“

„So wird Moskau reagieren“

Es gehe Washington mit der neuen Nato-Erweiterungsrunde vor allem darum, überall rund um Russland „Zonen der Instabilität zu nutzen oder zu schaffen, um russische Kräfte zu binden und ökonomische Kosten zu verursachen“, so Mies. „Wie das Ganze ausgeht, wissen wir noch nicht.“ Die Nato wolle im Kern „diese Länder quasi besetzen, um ihnen keinerlei Orientierungsfreiraum Richtung Russland zu belassen. Russland muss in jedem Fall in seinen Einflussmöglichkeiten soweit beschränkt werden, wie es irgend geht.“ Das sei der geostrategische Hintergrund.

„Was Georgien anbelangt, wird Russland reagieren, auch reagieren müssen. Die Nato gibt den Takt vor und Russland wird mit einer Intensivierung der eigenen militärischen, logistischen und waffentechnischen Kapazitäten versuchen, zu antworten. Völlig klar ist: Mit dieser Erweiterung der Nato sieht sich Russland an seinen Ostgrenzen und an Teilen seiner Südgrenze bedroht. Es fühlt sich von Feindstaaten umgeben.“

Ausrüstung verbessert sich

Bei einem Beitritt würde sich auch die militär-technische Ausrüstung der georgischen und mazedonischen Armeen verbessern. Es gehe dabei vor allem um die „Interoperationalibilität“. „So heißt das im militärischen Fachjargon. Das bedeutet, hier geht es um die Harmonisierung der Waffensysteme. Realiter sollen diese Länder Waffen aus dem Westen erhalten, die Nato-Standards entsprechen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt des sogenannten Reformprozesses. Es gibt ein Nato-Georgien-Paket, da geht es um Verteidigungsreformen.“

Dieses Paket umfasse Maßnahmen auf strategischer, taktischer und operativer Ebene in mehreren Bereichen. Darunter strategische und operative Planung, Luftfahrt, Luftverteidigung, maritime Sicherheit, strategische Kommunikation, Sondereinsätze, Militärpolizei, Cyberabwehr, Beschaffung von Material, Nachrichtenaustausch, Gegenmobilität und Krisenmanagement. Ebenfalls vorgesehen sei die Einrichtung einer Schule für den Aufbau von Verteidigungsinstitutionen, eines gemeinsamen Ausbildungs- und Evaluierungszentrums sowie einer Logistik-Zentrale der Nato und Georgiens zur Erleichterung multinationaler und regionaler Übungen.

Steigt die Kriegsgefahr?

„Die Nato dehnt sich immer weiter aus, möchte immer größer werden.“ 1999 gab es die erste Osterweiterung der Nato mit Polen, Tschechien und Ungarn. Die zweite Welle erfolgte 2004. Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien traten damals bei. 2009 folgten Albanien und Kroatien, und 2017 trat mit Montenegro der vorläufig letzte Staat der Nato bei. „Mit jedem Nato-Beitritt eines neuen Landes erhöhen sich auch die potentiellen militärischen Konflikte. Man kann ein Militärbündnis immer weiter aufblähen und es mit neuen Ländern versehen.“ Die Kriegsgefahr steige dadurch jedoch immens.

Sein Fazit: „Je mehr Staaten, desto fragiler wird das ganze Gebilde. Ein Kriegsgeschwür hört auch nicht auf zu wachsen, das wissen wir aus der Medizin. Die Nato ist nichts anderes als das militärische Ausführungsorgan des Militärisch-Industriellen Kongress-Komplexes der USA.“ Die US-Führung beanspruche eine totale Dominanz der Welt. Dazu bediene sie sich oftmals des Feindbilds Russland. Es gehöre zu dieser Taktik, die Russische Föderation durch Beitrittsverhandlungen mit osteuropäischen Staaten zu provozieren.

Quelle: https://de.sputniknews.com/politik/20180725321702119-nato-beitritt-georgien-mazedonien/

Alexander Boos  30. Juli 2018
Rubrik: Balkan/Osteuropa/Kaukasus

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