Schaffung der UdSSR: Wie Stalin seine Doktrin durchdrückte

Georgi Manajew
Bild: Alexander Kislov
Nach Lenins Plan hätte die zukünftige UdSSR Mitglieder auf der ganzen Welt haben können. Aber schließlich setzte sich Stalins Plan durch. Die Gründung der UdSSR hat mehr Facetten als allgemein bekannt ist.

 

Wie wurde die Union vorbereitet?

Bei der Ausarbeitung der Projekte für den neuen Staat waren Wladimir Lenin und Josef Stalin „gute und schlechte Berater“. Nach 1918 wurden die meisten ehemaligen Teile des Russischen Reiches sozialistische Sowjetrepubliken. Stalins Idee war es, einfach alle anderen Republiken mit einer zentralisierten Regierung und einer einheitlichen Gesetzgebung in der Russischen Föderativen Sozialistischen Sowjetrepublik (kurz RSFSR) zusammenzuführen.

Interessantes Detail: 1922 war Stalin Volkskommissar (de facto Minister) für Nationalitäten der Russischen Republik. Und er war es, der zusammen mit Lenin am 3. November 1917 die „Erklärung der Rechte für die Völker Russlands“ unterzeichnete, die insbesondere folgenden Punkt enthielt: „Das Recht der Völker Russlands auf freie Selbstbestimmung, bis hin zur Abtrennung und Bildung eines unabhängigen Staates.“ Jetzt ging Stalin genau das Gegenteil an.

Lenin seinerseits lehnte die Idee eines zentralisierten Staates vehement ab und nannte sie antidemokratisch. Er schlug vor, dass sich die unabhängigen Republiken auf der Basis der gleichen Rechte vereinen und ihre jeweiligen Regierungen behalten sollten. Manche sagen, Lenin habe tatsächlich für einen noch größeren sowjetischen Staat plädiert, der viele Länder in Europa und Asien umfassen würde.

Wofür wurde die UdSSR gegründet?

Die Bolschewiki begriffen, dass sie die ehemaligen Gouvernements des Russischen Imperiums zu einem einzigen Staat vereinen sollten, um ‚zusammen dem feindlichen kapitalistischen Umfeld‘ standhalten zu können“, sagt der Historiker Alexander Orlow. Es scheint jedoch, dass die notwendige Union bereits vor der Entstehung der UdSSR existiert hatte. Wie konnte das passieren?

1920 wurden Einheitsverträge zwischen Russland und der Ukraine unterzeichnet, 1921 zwischen Russland und Weißrussland und dann den kaukasischen Republiken. Laut diesen Dokumenten hat die Russische Föderative Sozialistische Republik das Recht erhalten, alle anderen Republiken auf der internationalen Ebene zu vertreten und in ihrem Namen internationale Verträge und diplomatische Dokumente zu unterzeichnen.

Auch die sieben wichtigsten Volkskommissariate (Ministerien) – für Verteidigung, Volkswirtschaft, Außenhandel, Finanzen, Arbeit, Eisenbahnen, Post und Telegraphen – wurden zentralisiert, was bedeutete, dass die russischen Volkskommissariate die jeweiligen Bereiche nicht nur in Russland, sondern auch in anderen sozialistischen Republiken regierten.

Offiziell wurde die UdSSR am 30. Dezember 1922 gegründet, als der Vertrag über die Schaffung der UdSSR (unterzeichnet zwischen der russischen SFSR, der transkaukasischen SFSR, der ukrainischen SSR und der belorussischen SSR) vom Ersten Allunionskongress der Sowjets genehmigt wurde.

Lenin wollte die UdSSR als Grundlage für die künftige Einheit aller sozialistischen Länder in einer Weltsozialistischen Sowjetrepublik schaffen. Zumindest so wurde es in der Verfassung der UdSSR vom 31. Januar 1924) festgeschrieben. Am Ende setzte sich jedoch Stalins Plan durch, die Sowjetunion zu einem zentralisierten autoritären Staat zu machen.

Wie wurde die Sowjetunion ein autoritärer Staat?

1925 wurde die Kommunistische Partei der Russischen Föderativen Sozialistischen Sowjetrepublik zur Allunionskommunistischen Partei (Bolschewiki) – und Stalin war ihr Generalsekretär. Bereits 1927 hat beispielsweise der 15. Kongress der Allunionskommunistischen Partei den Kollektivierungsplan gebilligt. Dies bedeutete, dass die regierende Partei die Entscheidungen der Regierung vorbereitete und initiierte.

Die „Parteikontrolle“ bedeutete de facto, dass alle Entscheidungen der staatlichen sowjetischen Behörden von der Kommunistischen Partei überprüft und genehmigt wurden. Die Partei regierte alles. Die sowjetischen Führer wurden Generalsekretäre des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der UdSSR genannt. Am Ende stand also immer nur eine einzige Person an der Spitze, der Generalsekretär. Und diese Person war von 1922 bis 1953 Josef Stalin.

Viele ehemalige Gebiete des Russischen Reiches wurden 1922 nicht sofort Teil der UdSSR, sondern schlossen sich dem neuen Staat später an. Da die meisten dieser Republiken nicht wirklich unabhängige Regierungen hatten – es waren sozialistische Republiken, die von einem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der gesamten Union kontrolliert wurden -, war ihre „Entscheidung“, der UdSSR beizutreten, eigentlich nur eine Formalität.

1925 wurden die Usbekische und die Turkmenische SSR, 1929 die Tadschikische SSR, 1936 die Kasachische, Kirgisische, Georgische, Aserbaidschanische und Armenische SSR, 1940 die Lettische, Litauische, Estnische und Moldauische SSR zu Republiken der Sowjetunion. Bis 1940 entstanden 17 Republiken innerhalb der UdSSR. Regiert wurden sie von Moskau aus, wo das Zentralkomitee und sein Generalsekretär ihren Sitz hatten.

In der Tat setzte sich Stalins Plan durch und die Sozialistischen Sowjetrepubliken wurden keine unabhängigen sozialistischen Staaten, sondern blieben Satellitenrepubliken innerhalb der UdSSR.

>>> Drei Gründe für den Untergang der Sowjetunion

Georgi Manajew  22. September 2020
Rubrik: Balkan/Osteuropa/Kaukasus

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