Wie Applaus funktioniert

Bild: www.kla.tv

Maybrit Illner, Frank Plasberg, Sandra Maischberger, Anne Will usw., wer kennt nicht deren „geistreiche“ und „informative“ Talkshows. Auch ich habe, vor Jahren, mal reingegugt und das reichte mir, man muß ja nicht ein Detektiv sein, um den Trick mit der Auswahl der Gäste und den Vorklatschern zu durchschauen.
Emmanuel Sarides

 

Wenn wir in einem Konzert, im Theater oder einem Vortrag sitzen, klatschen wir hinterher oft nur, weil es alle tun – unabhängig davon, ob uns das Gehörte gefallen hat oder nicht. Dieses Phänomen wurde vom Berliner Leibnitz-Institut wissenschaftlich untersucht. Das Ergebnis zusammengefasst: Trau nicht jedem Applaus.

Wer nach seinem Vortrag Applaus bekommt, der freut sich. Und überlegt sich nicht, wer wie lange klatscht und warum. Das hat Professor Jens Krause mit seiner Forschungsgruppe getan: Applaus hat mich schon immer fasziniert. Das ist ein Phänomen, das man fast tagtäglich beobachtet, das in verschiedensten Kontexten vorkommt, aber es ist mysteriös, wie fangen die Leute eigentlich damit an? Wer traut sich als erstes den Applaus zu beginnen und wie hören die Leute überhaupt wieder auf?

Der Applaus ist oft unabhängig von der Qualität des Vortrags

Der Applaus ist oft unabhängig von der Qualität des Vortrags. Wenn andere klatschen, klatschen wir meist irgendwie mit.

Jens Krause hat eine Studentengruppe in einen Vortragssaal gesetzt. Die Studenten wurden so gesetzt, dass die Forscher von jedem die Hände sehen konnten und sie haben dann einem Kommilitonen bei einem Vortrag zugehört. Die Aufgabe der Zuhörer war es eigentlich, sich mit der Körpersprache des Vortragenden zu beschäftigen. In Wirklichkeit wurde aber das Klatschverhalten des Publikums beobachtet.

Frühe und späte Klatscher

Und das, fand er heraus, hat weniger mit der Qualität des Vortrages zu tun, sondern mit dem Wesen der Zuschauer: Eine der überraschenden Sachen war sicherlich, dass die Reihenfolge mit der die Individuen beginnen zu klatschen, sehr wiederholbar ist für ein gegebenes Publikum. Also wenn man da zwanzig Leute sitzen hat, dann gibt es einige, die fangen fast immer an zu klatschen und andere beginnen erst sehr spät damit. Also es gibt frühe und späte Klatscher. Beim Aufhören ist das ähnlich.

Im Konzertsaal: Fängt einer an zu klatschen, machen die anderen meist mit.

Fängt einer an zu klatschen, machen die anderen meist mit.

Das Prinzip von Anführer und Nachmacher. Es ist das Phänomen der sozialen Ansteckung und Dynamik. Klatscht einer, klatschen die anderen mit. Professor Krause arbeitet am Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin und meint: Ob bei Fischen, Vögeln oder beim Menschen – das sogenannte Schwarmverhalten ist dasselbe. Nur beim Menschen verläuft es linear.

Schwarmintelligenz

Bei vielen andern Dingen, die im Tierreich zu sehen, so Krause, gehe das häufig über Schwellenwerte, d.h. wenn ein paar Individuen ein Verhalten zeigen, dann machen das fast schlagartig alle anderen nach. Zu beobachten ist das z.B. häufig bei Vögeln: Ein paar Vögel fliegen auf und der ganze Schwarm geht hoch. Oder zwei, drei Fische drehen nach links ab und auf einmal schwenkt der ganze Schwarm um.

Schwarmintelligenz eines Vogelschwarmes

Schwarmintelligenz eines Vogelschwarmes. Die Mehrheit der Vögel orientiert sich am Verhalten des Anführers oder der Anführer

Nachahmen spart Zeit und Energie

Das Prinzip der sozialen Ansteckung lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen, erzählt Jens Krause. Öffnet z.B. einer eine Kaufhaustür, rennen ihm andere hinterher, statt selbst die Tür vor der Nase zu öffnen. Oder wenn einer trotz roter Ampel über die Straße geht, machen die Passanten, die neben ihm stehen, dasselbe.Das kann gefährlich werden: So ein Verhalten spart Information. Kopieren heißt immer, dass wir Lösungen nachahmen können, die andere bereits für einen gefunden haben. Im Alltag ist sowas meistens sehr zweckdienlich. Das spart Zeit, das spart Energie, deswegen nutzen Menschen das sehr, sehr stark. Und in manchen Situationen auch da, wo es vielleicht aber nicht wirklich was bringt.

Vor-Klatscher haben Tradition

Professor Krause forscht weiter, vor allem beim Thema Applaus. Ob Zuschauer auch dann klatschen würden, wenn der Vortrag auf der Bühne grottenschlecht ist. Oder ob sie sich von Vor-Klatschern manipulieren lassen:

Dass Leute manipulierbar sind in solchen Situationen, wird meines Wissens nach ja schon seit Jahrhunderten genutzt, durch sogenannte Claqueure die ins Publikum reingesetzt werden und stimulieren sollen, an bestimmten Stellen zu klatschen und so. Dass sowas geht, weiß man aus der Praxis schon lange, aber ich glaube jetzt kommt man den Sachen in ihrer Dynamik auf die Schliche, wie das genau funktioniert.

Applaus-Schild im Musikantenstadl

Der wahre Lohn der Künstler: Applaus ist mehr als einfach klatschen. Doch ist der Applaus wirklich echt und ernst gemeint?

SWR2 Impuls. Von Kristina Hortenbach; Internetfassung; Ursula Schachenhofer& Ralf Kölbel

https://www.swr.de/swr2/wissen/applausforschung/-/id=661224/did=12746292/nid=661224/1dk2rke/index.html

3. März 2019
Rubrik: Massenmedien

3 Gedanken zu „Wie Applaus funktioniert“

  1. Talkshows manipulieren nur Menschen, denn wer eine EIGENE MEINUNG hat, der behält sie auch …. (die Meisten zumindest)!

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